Zusammenhänge zwischen den Leistungen den Kinder und den Einstellungen der Lehrkräfte
6.3 Die Leistungszuwächse im Laufe der ersten Klasse
Nun kommen wir zu dem Abschnitt, in dem die Zusammenhänge der Lehrermerkmale mit den mittleren Leistungsänderungen der Schülerinnen und Schüler auf Klassenebene in Klasse 1 dargestellt werden(Modell mit ß,= 1). Da zu Beginn von Klasse 1 ein etwas anderer Test als zum Ende der Klasse verwendet wurde, können für den Summenscore und die Faktoren keine Leistungsänderungen auf Klassenebene angegeben werden. Wir müssen uns deshalb auf die einzelnen Aufgaben beschränken, die in beiden Tests identisch waren.
Zunächst interessiert uns wieder, ob es signifikante Unterschiede zwischen Kindern gibt, die von„eher reformpädagogisch orientierten“ Lehrkräften!“ unterrichtet werden, und Kindern, die von„eher traditionell orientierten“ Lehrkräften unterrichtet werden. Dazu wird auf Klassenebene eine Varianzanalyse durchgeführt. Man findet signifikante Unterschiede nur bei den Aufgaben 7 und 8. Das bedeutet, dass Klassen, die von„eher traditionell orientierten“ Lehrkräften unterrichtet werden, in Klassestufe 1 beim Lösen von Additions- und Subtraktionsaufgaben ohne Möglichkeit des Abzählens größere Lernzuwächse zeigen. In„eher traditionell“ unterrichteten Klassen steigt der Anteil richtiger Lösungen pro Klasse im Mittel um 40 Prozentpunkte bei der Addition und 54 Prozentpunkte bei der Subtraktion, während es in„eher reformpädagogisch“ unterrichteten Klassen nur 29 und 38 Prozentpunkte sind. Das bedeutet, dass kurzfristig(innerhalb eines Schuljahres) das„Pauken“ von Lösungen Lernkonzepten, die auf Verständnis abzielen, überlegen ist. Langfristig kann sich dies aber ändern, wie die Ergebnisse zu den Leistungen(s.o.) und andere Untersuchungen belegen.
Im Folgenden werden wir wieder für jede Leistungsvariable vorstellen, durch welche Lehrermerkmale sie sich erklären lässt.
Die Orientierung
Die mittleren Leistungszuwächse der Kinder bei Aufgabe 5 lassen sich— anders als die mittleren Leistungen— nicht durch Lehrereinstellungen erklären. Dies trifft jedoch nicht für die einzelnen Teilaufgaben zu.
Die Kinder haben umso besser gelernt ein Kreuz in das mittlere Kästchen zu zeichnen, je weniger ihre Lehrkräfte meinen, dass sie gute sprachliche Fähigkeiten haben. Es werden immerhin 28% der Varianz aufgeklärt(R= 0,53). Beim Punkt in dem Kästchen darüber sieht es genauso aus, wobei die Varianzaufklärung sogar 37% beträgt(R=—0,61). Vielleicht legen Lehrkräfte, die die sprachlichen Fähigkeiten ihrer Schülerinnen und Schüler negativ beurteilen, besonders großen Wert darauf, sprachliche Ausdrücke wie„in der Mitte‘ und„darüber“ mit den Kindern zu üben.
Die Anforderung, rechts unten einen Strich zu zeichnen, ist wie oben von anderer Art. Hier lassen sich bei einer Korrelation von 0,50 nur 25% der Varianz des durchschnittlichen Leistungszuwachses folgendermaßen erklären: Je weniger eine Lehrkraft der Meinung ist, dass die heutigen Kinder im Vergleich zu vor zehn Jahren selbstbewusster, oberflächlicher, unruhiger, unkonzentrierter, heterogener und weniger begeisterungsfähig sind, desto besser haben die Kinder ihrer Klasse gelernt, Rechts und Links zu unterscheiden. Dieser zunächst überraschende Befund lässt sich vielleicht so verstehen, dass Kinder, die schon wissbegierig und neugierig, mit vielen Ideen und großen Vorkenntnissen in die Schule kommen, oft Rechts und Links schon am Anfang der ersten Klasse richtig unterscheiden können und deshalb nicht so hohe Lernzuwächse aufweisen.
Das Rechnen und das Zahlbild Die durchschnittlichen Leistungszuwächse der Klassen bei den Aufgaben 3 und 4(Addition
und Subtraktion mit Möglichkeit des Abzählens) lassen sich mit einer Varianzaufklärung von jeweils 13% auf die Bedeutung, welche die Lehrkräfte dem Vorwissen beimessen, erklären.
14 Zur Definition der Gruppen„eher reformpädagogisch orientiert“ und„eher traditionell orientiert“ s. S. 67.
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