A.G. Grezow 3.5 Problemerleben und zwischenmenschliche Neigungen Jugendlicher
Unsere Arbeit widmet sich der Untersuchung zwischenmenschlicher Neigungen als Quelle psychologischer Probleme Jugendlicher. Den Problemen Jugendlicher widmen sich viele spezielle Literaturquellen, jedoch die Notwendigkeit der Erhöhung der Effektivität psychologischer Hilfe für Jugendliche, die die Krise des Erwachsenwerdens erleben, bleibt aktuell.
Das wissenschaftliche Novum der Arbeit besteht darın, daß als eine Quelle der Probleme für Jugendliche die zwischenmenschlichen Neigungen betrachtet sowie eine Klassifizierung und Untersuchungsmethode der Neigungen vorgestellt werden. Deshalb werden wir zweckmäßigerweise vorrangig die theoretischen Aspekte der Neigungen betrachten und uns bei der Beschreibung der Probleme Jugendlicher auf die empirischen Daten beschränken.
Bevor wir zur Charakterisierung der Neigungen und dem damit zusammenhängenden Problemerleben übergehen, untersuchen wir den Begriff„Zwischenmenschliche Neigungen“.
3.5.1 Psychologie zwischenmenschlicher Neigungen
Die zwischenmenschlichen Neigungen werden hauptsächlich weniger im Rahmen der Entwicklungspsychologie sondern in der Sozialpsychologie untersucht(3,8). Die Aktualität der Untersuchungen der Neigungen vor allem im Kontext der Psychologie Jugendlicher wird auch von L. S. Wygotskı(2) unterstrichen. Ungeachtet dessen bleibt das Thema bis zum heutigen Tage wenig erforscht. Die theoretischen Voraussetzungen der Psychologie der Neigungen wurden hauptsächlich von den Autoren gelegt, die an psychoanalytischen Paradigmen festhalten(15), im Ergebnis dessen dieses Thema auch in Arbeiten von Vertretern anderer Richtungen der Psychologie eine Entwicklung erfuhr(z.B. 10).
Im Ergebnis einer Literaturanalyse sind uns zwei hauptsächliche Zugänge zum Verständnis der Natur der zwischenmenschlichen Neigungen klar geworden,„notwendig“ und ‚, soziale“.
Bei psychologischen Beschreibungen von Neigungen wird für gewöhnlich im Rahmen des ersten Herangehens das Gewicht auf ihren ungenügenden kognitiven Charakter gelegt oder auf ihre feste Verbindung an psychische Bedürfnisse. Zum Beispiel wird im „Psychologischen Wörterbuch“ folgende Beschreibung des Begriffs„Neigung“ gegeben: das ist die ursprüngliche emotionale Erscheinung des Bedürfnisses des Menschen nach irgendetwas, hervorgerufen von noch unvermittelten unbewußten Zielvorstellungen(11, $.48). In der Monografie K. Obuchowskis„Die Psychologie der Neigungen des Menschen“ (10) wird der Begriff„Neigung“ faktisch von den Bedürfnissen abgeleitet, den Motiven und Einstellungen.
Wenn wir die These von der engen Verbindung von Neigungen und Bedürfnissen annehmen, kann man vorschlagen, daß die zwischenmenschlichen Neigungen in allen den Fällen erscheinen, wenn mit einer anderen Persönlichkeit eine Befriedigung der aktuellen Bedürfnisse des Individuums verbunden ist. Tatsächlich wurde eben diese Auffassung bereits von S. Freud(15) vertreten. Im Einvernehmen mit seiner Konzeption sind die Neigungen dann auf andere Menschen gerichtet, wenn sie als Mittel zur Befriedigung eigener Bedürfnisse des Individuums dienen. Als Grundbedürfnis, das zwischenmenschliche
85