Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
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Einleitung.

verkehrt haben, angewiesen. Sodann ist bei Nietzsche der Beginn der Paralyse nicht gegen einen normalen Zustand abzugrenzen, sondern gegen einen Zustand krankhafter Erregtheit aus anderen Ursachen. Es giebt gleichmässige ruhige Leute, an denen paralytische Sym­ptome stark auffallen. Nietzsche aber war von jeher abnorm erregt, er war durch sein Migräneleiden immer nervöser geworden, er war durch den Mangel an An­erkennung und durch die Vereinsamung in eine chro­nische leidenschaftliche Empörung gerathen, die sich besonders in schroff hochmüthigen Aeusserungen kund­gab, er hatte sich endlich dem Chloralmissbrauche er­geben. Unter diesen Umständen ist wahrlich Vorsicht beim Urtheilen nöthig, und man wird sich nicht wun­dern, wenn die Frage, von wann an sind Nietzsches Schriften durch die paralytische Gehirnkrankheit beein­flusst, nur zweifelnd beantwortet wird. Zwar gelingt es, die Zeit des eigentlichen Krankheitbeginnes einiger­maassen zu bestimmen, darüber aber, inwieweit in den letzten Jahren vorher und in den ersten Jahren nachher das Einzelne krankhaften Charakter trägt, darüber sind oft nur Vermuthungen möglich, und es ist immer zu bedenken, dass die beginnende Krankheit nichts Neues schafft, sondern hier ein Mehr, dort ein Weniger, dass sie zuweilen nur das vorher schon Vorhandene offen­bar macht. Eine besondere Eigenthümlichkeit der Para­lyse besteht darin, dass sie oft in Wellen herankommt, dass im Anfange schlechte Zeiten ‚mit guten wechseln. Man wird sich Nietzsches Werke auch daraufhin an­sehen müssen und wird es für möglich halten, dass