Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
Seite
87
Einzelbild herunterladen

1. Die Migräne.

und dann war man damals in den Mitteln beschränk­ter als jetzt. Alle die Erleichterungsmittel, die jetzt den Migränekranken wenigstens etwas nützen, sind, abgesehen von Chinin und Coffein, ziemlich neu. Die salicylsauren Salze kamen erst in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre zur Anwendung, Antipyrin u. Ss. W. noch später. Auch kannte man damals die Brom-Be­handlung der Migräne noch nicht. Gerade durch eine consequente Brom-Behandlung hätte man vielleicht Nietzsche nützlich sein können.

Freilich darf man eins nicht vergessen. Es ist immerhin möglich, dass die ungewöhnliche Schwere und Hartnäckigkeit der Migräne bei Nietzsche eine ganz besondere Ursache hatte. Wir wissen, dass Mi­gräneanfälle zu den Symptomen der Tabes oder der progressiven Paralyse gehören können, unter Umstän­den sehr früh als erstes Symptom auftreten. Wahr­scheinlich kommt es aber auch vor, dass eine schon bestehende Migräne durch die Wirkung des die Para­lyse verursachenden Giftes verschlimmert wird. Ich habe einige Beobachtungen gemacht, die mich zu einer solchen Annahme nöthigten, und ich weiss, dass es auch anderen Aerzten so gegangen ist. Bewiesen ist freilich in diesen Dingen noch nichts, auch weiss man nicht, inwieweit etwa die besondere Behandlung Hilfe bringen könnte. Wir wissen mit Bestimmtheit, dass bei Nietzsche der Grund zur Paralyse vor 1870 gelegt worden ist. Nun wäre es auch denkbar, dass die Kopf- und Augenschmerzen vor 1870 nicht Migräne gewesen wären, dass die nach 1870 auftretende Mi­