II. Die Krankheit.
Verkehre mit so und so viel Leuten, und seine grosse Verletzbarkeit, die allmählich immer grösser wurde, führte bald da, bald dort zu peinlichen Erregungen. Auch scheint Manches vorgekommen zu sein, über das sich auch ein Anderer sehr geärgert hätte. Man hört darüber allerhand, aber es lockt nicht und lohnt nicht, diesen Dingen nachzuspüren. Wenn auch jede Einwirkung einzelner Personen weggefallen wäre, SO wäre doch der nagende Zorn über die ungenügende Anerkennung durch das Publikum übrig geblieben, und der Pfahl im Fleische hätte nicht gefehlt. Natürlich hätte auch dann, wenn alle Gelegenheitursachen soweit wie möglich beseitigt worden wären, die einmal vorhandene Migräne nicht ganz aufgehört. Bekanntlich begleiten die Anfälle den Patienten getreulich durch sein Leben, wenigstens bis in das höhere Alter hinein. Bei Nietzsche sind noch in Jena Anfälle des halbseitigen Kopfschmerzes beobachtet worden.
Nietzsches Migräne hatte die gewöhnliche Form. Augenmigräne scheint sich nie gezeigt zu haben(das in Sorrent erwähnte Flimmern ist vielleicht nur auf die Blendung zu beziehen). Aber der Grad der Krankheit war doch recht ungewöhnlich, sowohl in Hinsicht auf die Häufigkeit wie in Hinsicht auf die Schwere und Dauer der Anfälle.
Ob Nietzsche nicht zu helfen gewesen wäre? Die Ergebnisse der ärztlichen Behandlung waren nichts weniger als glänzend. Es soll aber damit Immermann oder anderen Aerzten kein Vorwurf gemacht sein. Erstens war wohl Nietzsche ein schwieriger Patient,
