Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
Seite
180
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Ziemlich zwei Tage lang hat er dann, fast ohne sich zu rühren und ohne ein Wort zu reden, auf dem Sofa gelegen. Als er aus diesem lethargischen Zustand er­wachte, zeigten sich deutlich die Spuren geistiger Er­regung und Verwirrung; er sprach laut mit sich selbst, sang und spielte ungewöhnlich viel und laut, verlor den Begriff für den Werth des Geldes(bezahlte Kleinig­keiten mit zwanzig Franken und mehr) und beschrieb einige Blätter mit seltsamen Phantasien, in denen sich die Sage des Dionysos-Zagreus mit der Leidens­geschichte der Evangelien und den ihm nächststehen­den Persönlichkeiten der Gegenwart vermischte: der von seinen Feinden zerrissene Gott wandelt neu er­standen an den Ufern des Po und sieht nun Alles, was er jemals geliebt hat, seine Ideale, die Ideale der Gegenwart überhaupt, weit unter sich. Seine Freunde und Nächsten sind ihm zu Feinden geworden, die ihn zerrissen haben. Diese Blätter wenden sich gegen R. Wagner, Schopenhauer, Bismarck, seine nächsten Freunde: Professor Overbeck, Peter Gast, Frau Cosima, meinen Mann, meine Mutter und mich. Während die­ser Zeit unterzeichnete er alle Briefe mit ‚Dionysos oder ‚der Gekreuzigte... In den ersten Jahren nach meines Bruders Erkrankung..-. sind diese Blätter zum grössten Theil vernichtet worden. Ein solcher Brief ist von Brandes veröffentlicht worden.Unfrankirt. Ohne genauere Adresse, ohne Datum, mit sehr grossen Buchstaben auf ein nach Kinderart mit Bleistift liniirtes Stück Papier geschrieben. Poststempel: Turin, 4. Ja­nuar 1889.