Issue 
(1955) 6
Page
164
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

Verlobte aus dem Morgenlande zurück. Sein Blick war dunkel vor Haß und sein Herz erfüllt von Rache. Während des Festmahles drang er mit seinen Mannen in den Saal, tötete Männer und Weiber mit dem Schwerte und ließ die stolze Elbfeste in Flammen aufgehen. Aber das alles ist nicht verbürgt, kein Pergament berichtet uns davon, doch es ist möglich, daß sich in dieser Sage der Kampf der Germanen gegen die von Osten vordringenden Slawen widerspiegelt. Sicher ist, daß die Elbfeste, um die es sich in der Sage handelt, etwa einen Kilometer elbaufwärts von der Stadt, auf dem soge­nannten Schloßberg lag, etwa dort also, wo sich die diesseitigen Köpfe der Elbbrücke erheben. Der Bau der Singerwerke hat dann später die letzten Spuren dieser Feste getilgt.

Es mag etwa um 1200 gewesen sein, als Siedlung und Burg Wittenberge sich dann verlagerten. Ein Protokoll aus dem Jahre 1498 berichtet davon, womit dann die aufstrebende Ortschaft ihren endgültigen Platz am Strom erhielt. Die Häuser wurden auf einer langgestreckten Düne erbaut, woraus sich die Form unserer heutigen Altstadt erklärt.

*

Weiß heben sich die Dünen aus der Niederung längs des Stromes. Men­schenhände haben sie bepflanzt und ihre Wanderung unterbrochen. Unsere neuen Anlagen bis Brahmhorst und weiter sind lebendiger Beweis. Die Natur gab die bedürfnislose Krüppelkiefer, und der Mensch tat mit Edel­hölzern und Sträuchern ein Übriges hinzu, um der Natur bei der Gestal­tung der Landschaft um Wittenberge zu helfen. Weiße Berge sind es, die sich in endloser Kette aneinanderreihen, und es liegt nahe, daraus die Herkunft unseres Ortsnamens abzuleiten. Tatsache ist auch, daß in einer Chronik von 811 ein Ort Bellegeied oder Biallogorod in der Prignitz an der Elbe erwähnt wird. Übersetzt hieße das Weißenberg, niederdeutsch Witten­berg, und man könnte nun meinen, daß nach der Wiedererlangung unseres Gebietes durch die Germanen der wendische Name einfach übersetzt wurde. Nun hat aber die Wissenschaft längst erforscht, daß der wendische Ort Bellegered in der Nähe Lenzens auf dem jenseitigen Höhbeck gelegen hat.

Man muß bei der Deutung unseres Städtenamens davon ausgehen und die Wissenschaft bestätigt das auch daß Wittenberge als germanische Siedlung längst vor der Wendeneroberung bestand. Weite Eichenwälder bedeckten damals das Land, und man kommt der Deutung unseres Städte­namens näher, wenn man die ersten Silben von witu = Holz ableitet und den schützenden Eichenwald als eine für alle, Fährnisse willkommene Berge, Herberge ansah.

Die erste Kunde vom Bestehen Wittenberges gibt das Jahr 1226: die Mark­grafen Johann I. und Otto III. verbieten in einem Dokument alle Fähren von Werben bis Wittenberge zugunsten der Fährstelle Werben. Eine Ur­kunde aus dem Jahre 1208, in der Johann Ganz Edler Herr zu Putlitz von