Heft 
(1956) 2
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niemand Land dazu hergeben, und auch keiner die Fuhren nach dem Kartoffeldamm tun will. Für die Winterschule hat die Gemeine das regle­mentsmäßige Schulgeld bezahlt. Dies beträgt aber bei der geringen Zahl von Schulkindern 8 Gr. für die sechs Wintermonate. Dabei muß ja der Mann verhungern. In der älteren Zeit hat diese Gemeine keinen eigenen Schullehrer gehabt, sondern die Kinder sind nach Berge in die Schule gegangen. Da dies aber den piiichtmäßigen Schulbesuch sehr gehindert, so ist derselben ein Schullehrer bewilligt worden, ohne Rücksicht zu nehmen, ob er auch subsistieren könne. Die Gemeine hat meine schriftlichen Vor­schläge der Obrigkeit in Neuhausen übergeben, aber es ist weder eine mündliche noch schriftliche Antwort erfolgt.

Der Schullehrer Lente zu Schweinekofen ist zu höheren Ansichten des Schulwesens nicht zu erheben. Er ist zu unwissend und stdht auf der niedrigsten Stufe der Bildung. In den ersten Monaten fand sich derselbe bei dem Privatunterricht noch ein. Seit zwei Monaten und drüber ist er gänzlich weggeblieben, weil einige Gemeineglieder, ihm gleich, ihm sagten, er hätte für ihre Kinder genug gelernt. Wenn sie mit ihm zufrieden wären, so hätte ihm keiner etwas zu befehlen. Beim wissenschaftlichen Unterricht schlief er ein. Und daß er auf die Belehrungen, wie der Schullehrer sein solle, nicht geachtet hat, beweist sein passioniertes Spielen und Saufen in den hiesigen Krügen, welches vor einigen Tagen hier im Kruge zu Groß Berge in Schlägerei mit dem Bauern Brinkmann aus Schweinekofen aus­geartet.

Das Lehr- und Wohnzimmer in Groß Berge ist von solch beschränktem Raume, daß der Schullehrer bei offener Türe seinen Platz auf der Tür­schwelle entnehmen mußte und die Kinder zusammengeschoben sitzen muß­ten. Im Frühjahr soll ein Lehrzimmer errichtet werden. Ich habe den Herrn Major von Winterfeld auf Karwe schon zum öfteren erinnert, das wenige Holz, das zum Bau erforderlich ist, zu liefern, aber es ist bis jetzt ver­gebens gewesen.

Zur Einrichtung eines Lehrzimmers in Pirow wird bis jetzt auch noch nicht Anstalt gemacht. Ich ersuche, die Gemeine an Pflicht' und Versprechen zu erinnern. Das reglementmäßige Schulgeld ist nicht bezahlt worden. Ebenfalls ist das Schulgeld für die schulpflichtigen Kinder aus Muggerkuhl und Hohefeld nicht bezahlt, weil sie ihre Kinder eigenmächtig nach Schweinekofen in die Schule schicken.

Berge, den 18. April 1811 Kirchner

Das schulische Milieu glich in seinen Ursprüngen einem groben Klotz, an dem es noch viel zu hobeln gab. Aber in ihm steckte doch schon der Keim für die Entfaltung einer besseren und moderneren Schule. Immer wieder beschäftigt sich der rastlose Menschengeist mit diesem Problem, und unsere Tage sind bewegt von einer ihrer grundlegendsten Reformen.

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