Heft 
(1956) 2
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eine erklärende und bebilderte Anschauungstafel geschaffen wurde, sollte nun auch für das fast doppelt so alte Grab von Mellen etwas ähnliches entstehen. Dem Charakter dieses Grabes angepaßt, entschied man sich für einen großen Findling. Er wurde in der Nähe der Kreisstadt Perleberg besorgt, in die Werkstatt des Steinmetzen gebracht und hier mit einer wohl knappen aber doch das Wesentliche besagenden Inschrift versehen.

Der Tag der Aufstellung war gekommen. Auf einem Lastauto verladen, .wurde der Stein mit dem großen Tragegestell und den Flaschenzügen nach Mellen gebracht, um dort, einige Meter ab von der eigentlichen Grab­anlage, auf einer kleinen Erhöhung hart an der Chaussee und auf einem in die Erde gebetteten Fundament Aufstellung zu finden. Und nun setzte die Wachsamkeit ein.

Eine biedere Einwohnerin des Dorfes kam in die Nähe. Als sie das Last­auto bei dem Hünengrab sah, hinaufgefahren auf die Böschung des Grab­feldes, als sie das hohe Dreibockgestell und die Flaschenzüge bemerkte, da wurde sie mißtrauisch. Was soll hier geschehen? Oft hatte sie von Wach­samkeit gehört und gelesen. Von Agenten, Saboteuren und Diversanten. Sollten das hier solche sein? Es verschlug ihr fast den Atem. Sic sah i re Stunde gekommen und rannte spornstreichs zum Bürgermeister. Ganz au3 der Puste meldete sie dort, was sie gesehen hatte.Jo, würklich und wahr­haftig, da steihtn groot Auto mit Kärls dabi, de lodn uns Hünengraw up! Der Bürgermeister hörte ihr zu, sah sie eine Weile an und sagte dann: Frau, du spinnst woll.Ne, ne, beteuerte sie aufgeregt,ick hewt doch sülmst sehn. Goh doch hen un kiek di det an. Da wurde das Oberhaupt der Gemeinde doch nachdenklich, setzte die Mütze auf und stiebelte los. Als er um die Ecke bog und auf die Chaussee kam, war nun das Erstarren an ihm. Da sah er tatsächlich dahinten beim Grab ein Lastauto stehen, und, er glaubte seinen Augen nicht zu trauen: im Kran überm Lastauto hing ein mächtiger Steinklotz! Was da erst lange fragen, wo der Augenschein so klar war. Es sehen, auf der Hinterhand kehrtmachen und in sein Amts­büro sausen war eins.Telefon! Sofort Telefon! Rat des Kreises! Seine Sekretärin drehte.

Endlich meldete sich die zuständige Stelle. Aufgeregt, genau wie vorhin die Frau, berichtete der Bürgermeister.Was ist los? hörte man vom jen­seitigen Ende der Strippe. Da berichtete er noch einmal. Es kam die Frage, ob man die Ansicht habe, sich mit dem Rate des Kreises einen verspäteten Aprilscherz zu erlauben. Das und ein anschließendes Gelächter brachte unseren Bürgermeister in Harnisch. Er verbitte sich das. Ja, er sei auch voll­kommen nüchtern! Ja, es sei bitterer Ernst, daß das Hünengrab tatsächlich abtransportiert werde!Ick hew dat. mit mien eigen Oogn sehn. Un wat ick sehn hew, dat hew ick sehn! Un wenn ick dat segg, denn stimmt dat ok! Daför bün ick Bürgermeister! Und er fügte hinzu, daß er und auch der Rat des Kreises verantwortlich seien für das Denkmal, und daß sofort die Polizei

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