Stollen stürzten ein. Das Braunkohlenvorkommen in Gülitz wurde fast vergessen. Das große Verwaltungsgebäude ging in Privatbesitz über und ist heute die Zentralschule Gülitz-Schönholz.
Nach dem letzten Weltkriege haben wir nicht nur gehungert, sondern auch gefroren. Da erinnerte man sich der Gülitzer Kohle. Ad 1946 wurde im Gülitzer Kohlenrevier wieder eifrig gearbeitet. Zunächst begann die Gemeinde Gülitz auf eigene Kosten im Tagebau Kohle zu schürfen. Die Förderleistung war natürlich gering; denn außer Spaten, Hacke und Schaufel standen den 25 Arbeitern keine Werkzeuge zur Verfügung. Der Kreis erkannte jedoch recht bald die Nützlichkeit dieses Unternehmens, war man doch dadurch in der Lage, die für die Prignitzer Industrie nötige Kohle aus eigenen Beständen zur Verfügung zu stellen. Dazu war aber eine großzügigere Arbeitsweise nötig. Als im Herbst 1946 dann die Siemens-Bauunion mit einer größeren Baggeranlage den Tagebau begann, machte sich dieser Kohlereichtum der Prignitz auch in den Haushalten bemerkbar. Eines Tages stand in fetten Schlagzeilen die Nachricht in der Zeitung: „Die Westprignitz ohne Kohlesorgen!“
Aus dem Kohlengelände wurde neben der Chaussee ein Schienenstrang zum Bahnhof Vahrnow gelegt, und unablässig rollten die Loren zum Verladebahnhof. Lastautos und Fuhrwerke waren weitere Abholer, und viele Menschen, die kein Heizmaterial hatten, haben sich mit organisierten Fahrzeugen ihren Kohlenbedarf selbst abgeholt. Mancher Herd und mancher Ofen, der sonst kalt geblieben wäre, bekam von Gülitz sein Futter. Ein bescheidenes Häuschen wurde am Waldrand errichtet. Es trug am Giebel die Zeichen des Bergmannes, die sich kreuzenden Schlägel. Tiefe Löcher wurden ins Erdreich gebaggert und große Abraumhalden entstanden. Durchschnittlich wurden in jeder Schicht 55 Tonnen Kohle gefördert, das sind also über tausend Zentner täglich.
Allmählich mußte man aber doch wieder zum Stollenabbau übergehen, da die Kohlenflöze tiefergingen und der abräumende Bagger nur eine Greif- tiefe von 6 Metern hatte. Es wurden zwei Schächte gebaut, der eine hatte eine Tiefe von 12, der andere von 18 Metern. Und da kam wieder die im Gülitzer Revier besonders starke Schwierigkeit mit dem Grundwasser. Zwar konnte man die Schächte trocken halten, doch in den Stollen sammelte sich das Wasser immer wieder und erschwerte die Arbeit. Die Tagesleistung, jetzt nur noch Untertage, sank bei einer Belegschaft von 80 Mann auf 45 Tonnen je Schicht ab. Auch mancherlei Unglücksfälle kamen vor, einige sogar mit tödlichem Ausgang.
Obwohl die Gülitzer Kohle in der durchgängigen Tiefe von 6 bis 18 Metern eine durchschnittliche Dicke von zwei Metern im Flöz hat, und obwohl sie anerkannt als eine der besten Rohbrandkohlen in Deutschland gilt, mußte schließlich der Betrieb wegen Unwirtschaftlichkeit erneut eingestellt werden. Gewaltige Löcher im Wald und in den Koppeln, oft als große Teiche
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