Der gewölbte Deckel, mit fünf wulstartigen konzentrischen Kreislinien geschmückt, erhielt als Abschluß und Krönung des ganzen Gefäßes einen ebenfalls mit Nieten befestigten Bronzebuckel. An zwei Seiten des Gefäßes nietete der Meister zwei Bänderpaare, welche in einen Bronzegriff aus- getricben wurden. Diese beiden Griffe mußten abgeschlagen werden, als man das Gefäß in die Tonume setzen wollte, ein Beweis, daß es ursprünglich nicht als Urne gedacht war, sondern als ein kostbares Stück anderen Zwecken diente. Es dürfte auch nicht in unserer Heimat entstanden sein, sondern aus dem Süden stammen.
In dieses Bronzegfäß, das jetzt zwar von der Patina der Jahrtausende grün getönt war, ursprünglich aber im schönsten Goldglanze erstrahlte, tat man die Überreste des eingeäscherten Toten. Durch Bronzeschlingen verband man darauf den Deckel fest mit dem Gefäß. Die bei der Entdeckung noch vorhandenen Leichenbrand reste wurden von der Wissenschaft als die eines Mannes von 30 bis 40 Jahren festgestellt. Unter den Knochensplittern des Leichenbrandes befanden sich eigenartigerweise auch ein paar Zehenknochen von einem Hermelin. Dieses Pelztierchen ist uns aus der geschichtlichen Zeit als der Lieferant der königlichen Hermelinmäntel bekannt. Als Beigaben aber, die liebende Hände damals mit hinzutaten, lagen in der Urne bei den Knochen- und Aschenresten des Toten eine bronzene Trinkschale mit einem in den Henkel eingehakten Bronzering, ein Bronzemesser, das am Griff ebenfalls zwei Ringe trug und eine bronzene Tüllenaxt. Alle drei Gegenstände waren in edelster Ferm hergestellt und mit gewähltem, geschmackvollem Zierate versehen. Besonders gilt das von Griff und Klinge des in wahrhaft elegantem Schwung geformten Messers. Die Entdecker standen damals ergriffen vor dieser Urne und ihrem Inhalt. Einem andächtigen Betrachter geht es noch heute nicht anders. In einem kunstvollen, kostbaren Gefäß die letzten Überreste eines bedeutenden Mannes, die Beigaben für seine große Reise zu den Göttern! — Die Getreuen des Toten hatten ihrem Heimgegangenen, ihrem Glauben gemäß, alles mitgegeben, was er zu seinem Fortleben gebrauchte. Sie waren Germanen, und ihre Religion lehrte ein Weiterleben in Walhall. Sie hatten ihm als Ruhestatt eine Wohnung bereitet, dig, wie das auch bei unseren Särgen noch heute der Fall ist, in Hausform ein zugezogenes Dach hatte, und die, in der Bemalung angedeutet, sogar mit einem prächtigen Wand- beliang geschmückt war.
V/as aber den nachdenklichen Menschen am meisten ergreift, ist die Tatsache, daß nunmehr die oft mitleidig belächelte alte Volkssage von dem dreifachen Sarg sich wortwörtlich bestätigte. Zwar hatte der immer begehrende und nach dem Golde drängende Mensch in seiner Fantasie das Material gewandelt, aber der dreifache Sarg war da. Er war da, wie er vor dreitausend Jahren der Erde anvertraut wurde: Der erste Sarg aus Stein, der zweite aus Ton und der dritte aus Bronze. Und ein Sarg stand immer