Heft 
(1956) 7
Seite
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Wie schön klingt dieser Hausspruch Perlebergs 1500:

True det is en setzen Gast, wer den het, de heit em fast

Der Mensch spricht mit seiner starken Persönlichkeit die Dinge an:

Anno domini 1522. Maria ik hete. de von bluten hebben mi laten getreten

(Glockeninschrift Blüthen)

Die Entwicklung der Städte, ihres Geschäfts- und Wirtschaftslebens machte die Forderung nach einer einheitlichen Schriftsprache immer dringlicher. Wenn auch nicht ihr Schöpfer, so wurde doch Luther durch den Gebrauch der sächsischen Kanzleisprache und durch seine Bibelübersetzung ihr Meister. Er leistete den entscheidendsten Beitrag zur Entwicklung der neu­hochdeutschen Schriftsprache. Was er im Glauben trennte, einte er in der Sprache. Damit beginnt etwa 1550 die endgültige Trennung zwischen Mund- und Schriftsprache, wie ihr Weg zu Begriff und Reflexion. Der Sprachschatz wird reicher, die Redewendung geschmeidiger, der Inhalt formaler. Es beginnt die Amtssprache:

Ich schwöre, daß ich aus gutem Teutschem Geblüte stamme, guten ehrlichen Herkommens sey und daß ich in Gülden für tüchtig mag aufgenommen und nicht verworfen werden, als mir Gott hilfe und sein heiliges Wort.

(Aufnahmeeid der Tuchmachergilde Pritzwalk 1569).

Der dreißigjährige Krieg brachte einen Tiefstand in der Kultur, in der Sprache und Verrohung der Sitten, wie ihn das Land nie erlebt hatte. Von den höfischen Kreisen her weht eine entfremdende Dissonanz:

Brief 1650:Monsieur! Hochgeehrter Herr Patron!

Seine hohe Merirten, wodurch er a lextreme mich vorobligiret cau- sieren mich, denselben mit diesen Zeilen zu servieren. Mein Devoir hätte umlängst eine Addresse gegeben, solches zu affektuieren, aber aus Manquement einer Occasion . . . Übrigens bitte sich in particu- larien zu assecurieren. daß ich sterbe

Sein fidel Diener, Knecht und Esclave a jamais

M. v. Hasshausen.

Ja, ja,ein Teutscher ist gelehrt, wenn er solch Teutsch versteht. Nur in den Winkeln der Landschaft bewahrt die Sprache ihr inwendiges Leben: Ao 1648 den 15. Febr. ward die Spitz vom Turm durcn Werhörl (West­sturm) abgeworffen uf die Kirche. Ao 1651 aber wider gerichtet: auch

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