katholische Kirche, aber auch im Kleinen in den Kritiken am „Wilsnacker Wunderblut“ des Magdeburger Domherren Heinrich Toke 1443 wie im Durchbruch weltlicher Haltung der Havelberger Domherren 1474.
Um diesen Prestigeverlust auszugleichen, griff die Kirche zum Mittel der Inquisition und der Hexenprozesse. Papst Innozenz VIII. griff die Thesen des Scholastikers Thomas von Aquino (gest. 1274) auf, welcher den fleischlichen Verkehr der Hexen mit dem Teufel gelehrt hatte. Er gab 1484 die „Hexenbulle“ heraus und stellte in ihr Deutschland als ein von Hexen erfülltes Land hin. Er beauftragte die Inquisitoren Heinrich Institor (Krämer) und Jakob Sprenger damit, die Zauberer und Hexen aufzuspüren, sie vor Gericht zu bringen und auszurotten. Jakob Sprenger brachte 1487 das Verfahren gegen die Hexen in ein juristisches System, in einen Kriminalkodex, wie man Hexen aufspüren, ausfragen und unschädlich machen könne. Das war der „Hexenhammer“.
Dieser Hexenhammer löste eine wilde Jagd auf Hexen aus, getragen von mönchischem Fanatismus und den niedersten Regungen der menschlichen Seele. Als „Gosbraden“ pflegte der rohe Volkshumor diese Exekutionen zu bezeichnen. Der Hexenhammer blieb bis 1740, bis zur Abschaffung der Folter in Preußen, die Gesetzesgrundlage, an deren Vollmachten weltliche und geistliche Richter festhielten. Da auch Luther dieVersuchung durch den Teufel gelehrt hatte und von der körperlichen Auffassung des bösen Geistes überzeugt war, zeigten sich die protestantischen Geistlichen fast noch geschäftiger als ihre katholischen Amtsbrüder. Ganze Gemeinden sind nachweisbar an diesem Morden zugrunde gegangen. Der Hexenrichter Balthasar Voß aus Fulda rühmte sich, in 11 Jahren 700 Hexen überliefert zu haben. Der Hexenrichter Remigius in Lothringen brachte es auf 800. Jakob Sprenger übergab in kurzer Zeit in Schwaben 84 Hexen dem Scheiterhaufen, ein Gutsbesitzer im Neubrandenburgischen 1670—1675 30, der Amtsschösser Leo zu Georgenthal (Sachsen) 38 Hexen. Als jedoch seine eigene Frau rote Augen bekam, wurde er selbst zum entschiedenen Gegner dieser Prozesse. Im Bistum Bayreuth wurden 1627—1629 200 Personen wegen Hexerei und Zauberei gerichtet, darunter Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren. In Bamberg waren es 1627—1630 285, in Henneberg (Sachsen) 1597—1676 179 Personen. So grauenhaft und erschütternd ist das Ausmaß dieser Verfolgungen gewesen, daß ihr Register für Deutschland auf 9 Millionen geschätzt wird.
Rote Augen, körperliche Gebrechen, wunderliches Benehmen, einsames Wohnen, unbedachte Scheltworte, Beziehungen zu einer Hingerichteten genügten, um der Folter und dem Feuertode ausgeliefert zu werden. Da es kein Recht im Sinne geschriebener Gesetze gab und nur nach mündlichem Gewohnheitsrecht geurteilt wurde, schwebte den Bürgern und Bauern buchstäblich das Schwert über dem Nacken. Der Richter spekulierte auf das von der Angeklagten einzuziehende Vermögen, welches zwischen ihm.