Heft 
(1957) 12
Seite
359
Einzelbild herunterladen

chenraum immer gefüllt, und als in der Zeit der Ausschreitungen dieses Brauchtum ganz abgeschafft werden sollte, indem man androhte, die Kirchentür für die Quempas-Feier ni^ht mehr zu öffnen, erklärteft die Unentwegten, daß sie dann ihren Quempas auf dem Großen Markt singen würden.

So lebt also unser Perleberger Quempas noch heute. Wenn in der finsteren Winternacht die Glocken rufen, dann haben bereits die meisten Quempas- freunde ihr warmes Bett verlassen und streben in den dunklen und stillen Straßen unserer Stadt dem Gotteshause zu. Und wer diese Feierstunde mit­erlebt hat, dem klingt dann den ganzen Weihnachtstag hindurch die Melo­die desQuem pastores laudavere in den Ohren. Manch einer hat sich allerdings erst nach hartem Kampf und im letzten Augenblick vom weichen P^ühl lösen können, und so soll in der Kirche unter manchem Mantel noch die Nachtjacke sitzen. Doch das macht nichts. Ganz will der Quempas des Scherzes nicht entbehren, und ein bißchen Komik würzt auch die ernsteste Feierlichkeit. Wenn Oma als eine der letzten durch das volle Kirchenschiff im Mittelgang nach vorn humpelt, dann schmunzeln alle über den Kleiderbügel, der auf ihrem Rücken bau­melt. Unserm plattdeutschen Heimaterzähler aus Wittenberge, der das miterlebte, summte dann den Weihnachtstag über die Melodie mit einem abgewandelten Text durch die Ohren:Quem pastores Klererbögel . . ., und er setzte sich hin und schrieb über diesen Quempas ein launiges Ge­dicht, das wir vor Jahren in unserer Heimatszeitschrift lasen.

Noch ein Wörtlein darf zu den Quempas-Heften gesagt werden. In einem Büchlein lesen wir:Wir Kinder konnten zwar den Text auswendig, aber ein schön gemalter Quempas mußte sein. Die Zeit des Quempas-Malens war für uns Kinder die schönste Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Wir haben in unserem Perleberger Heimatmuseum eine kleine Sammlung sol­cher von den Schülern unserer Stadt selbst angefertigten und bunt aus­gemalten Quempas-Hefte. Das älteste trägt das Datum:Perleberg, d. 23. Novemb. 1785 und ist von dem Schüler Christoph Ebel angefertigt. Manch einer wird diese Bändchen in unserer vorjährigen Weihnachtsausstellung gesehen haben. Wie wirken sie in ihrer Originalität wohltuend gegen die meisten unserer heutigen sogenanntenPoesiealbums. Aus der Fülle der kindlichen Phantasie und in durchaus kindertümlicher Art ist in diesen alten Quempas-Heften etwas geschaffen, das in Form und Farbe noch heute unser Entzücken wachruft. DieseAlbums wurden von den Schöpfern mit Recht bis ins hohe Alter aufgehoben, und sie sind heute noch als Erbstück einer vergangenen Zeit in mancher Familie zu finden.

359