Sense selbst zu dengeln, hatte ich zwar in dem alten Vater Vogel einen guten Lehrmeister, aber ich hatte doch große Mühe, daß ich keine Säge aus der Sense machte ... Es konnte zu meiner Jungbauernzeit schon mancher Junge besser ein Maschinenmesser schleifen als eine Sense schärfen, ich selbst auch.
So richtig lustig wurde es erst am zweiten Tag der Ernte. Schon in den frühen Morgenstunden waren die Musikanten aus Wittenberge, die bei Festen zum Tanz aufspielten, ins Dorf gekommen. Sie' zogen von einem Feld zum anderen und erfreuten die Schnitter mit einem Ständchen. Sicher wurden auch damals schon die Modeschlager bevorzugt, denn es wird von sehr glaubwürdigen Zeugen berichtet, daß die Jugend die Gelegenheit gerne benutzte, eine Sohle auf die Stoppeln zu legen. Der Bauer bedankte sich mit einem Geldgeschenk. Da musizieren und tanzen durstig macht, gab es einen tüchtigen Schluck aus der Flasche, und nach diesem kleinen Intermezzo ging es wieder fröhlich an die Arbeit.
Am Abend dieses zweiten Erntetages hatten es alle eilig, ins Dorf zu kommen, denn die Musikanten spielten zum Tanze auf. Munter drehten sich die Paare, da wurde gescherzt, gelacht und ganz sicher auch geküßt. Damit aber keiner auf den Gedanken kommt zu glauben, man habe damals in unerhörter Weise Raubbau an seiner Gesundheit getrieben, sei versichert, daß die Mitternachtsstunde nicht überschritten wurde.
Der dritte Erntetag war allgemein der Abschluß der Roggenaust. Rüstig ging es dem letzten Schlage zu Leibe. Jetzt war das Ende schon zu sehen. Mit Freuden ließen die Erwachsenen „den Hasen rauslaufen“, d. h. es fiel das letzte Schwad. Nicht ganz so freudig sahen die Kinder aus der Stadt dem Ende der Ernte entgegen. War es doch für sie eine Zeit, mal richtig Bauernkost zy essen, den ganzen Tag auf dem Felde, im Wald und auf der Koppel herumzutoben.
Ja, so sah damals wohl eine Roggenaust aus/ wenn das Wetter gut war. A-ber das soll auch nicht immer der Fall gewesen sein. Wenn dann ein Regentag dazwischen kam, ging es ja noch. Da saß man dann eben auf der Scheunendiele und wartete auf den Sonnenschein. Es wurde geklönt und geschmökt, ja geraucht, die Feuerwehr wußte damals nämlich noch nicht so viel vom vorbeugenden Brandschutz. Einige Male wartete man sogar mehrere Tage auf Sonnenschein, so daß noch einmal frischer Kuchen gebacken werden mußte.
Aber irgendwie ging die Ernte zu Ende, und mit Winken und Versicherungen, daß man zur Kartoffelernte wiederkäme, schieden die Auster von der Bäuerin. Ihr Lachen und Scherzen klang noch lange, vermischt mit dem Geklapper der Wagen, zum Dorf zurück.
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