umschlingend, brachte aus Pritzwalk „Schraube-Bier“ und Frau Elbe stiftet einige Flaschen Wein, gewachsen an der Saale hellem Strande, um das Mahl etwas festlich zu gestalten. Man sang das Lied: „Wo de Elwstrom geiht, dörch dät Land sik dreiht, Howel, Löcknitz, Stepnitz un de Doss . . .“.
Dann nahte bei Dömitz die Abschiedsstunde, und wie es dann immer ist, griff eine etwas wehmütige Stimmung Platz, mit den unausgesprochenen Fragen „Was wird nun mit uns — wohin geht unser Weg? Werden wir unsere Prignitzer Heimat noch einmal Wiedersehen?“ Auch Frau Elbe war still geworden; sie überdachte ihr weiteres Schicksal. Ihr Weg geht weiter, vorerst noch als Zonengrenze, bis sie dann ab Lauenburg ganz in den Westen geht. Von fern winkt schon die Weltstadt Hamburg, wo man sie als Lasttier benutzt; noch einmal muß sie alle ihre Kräfte zusammennehmen in dem bunten Leben und Treiben eines Welthafens, noch einmal das Leben in vollen Zügen genießen. Nur selten noch hat sie Gelegenheit, ihre Kinder, die mit ihr reisen, auf all das Schöne aufmerksam zu machen. Dann kommt das letzte Stück ihres Weges im Marschenland, immer breiter wird sie, immer müder. Und endlich kommt sie im weiten Meere nach langer Wanderung zur Ruhe, auf die sie sich schon lange gefreut hat. Noch einmal zieht ihr ganzes Leben an ihr vorüber, die Tage der Kindheit in ihrer fernen Bergheimat, dem Riesengebirge, die Schönheiten der Sächsischen Schweiz, Dresden, ihre Lieblingsstadt. Sie hat der Verbindung DDR—CSR gedient und seitdem in der DDR mannigfache Aufgaben zu erfüllen. Wahrlich, ein reich erfülltes Leben!
Nun ist sie mit all ihren Kindern im Weltmeere zur Ruhe gekommen. Aber auch hier herrscht das Gesetz vom ewigen Kreislauf. Von der Sonnenkraft gehoben, steigen die Wasser als Dunst in die Höhe und verdichten sich dort oben zu Wolken. Der Wind, der eilige Bote der Luft, treibt sie wieder ostwärts, vielleicht in die Prignitz, wohl auch zu den Warnsdorf er Höhen, dem Quellgebiet der Prignitzer Flüsse, wo sie als Regen wieder zur Erde kommen. So kann es dann sein, daß unsere Prignitzer Flüsse doch noch einmal ihre Heimat Wiedersehen, um dann freilich den Kreis wieder zu durchlaufen, stets auf der Wanderschaft begriffen; vielleicht ist unseren kleinen Prignitzflüssen wieder einmal ein Wiedersehen mit ihren Schwestern beschieden. Gut wäre es, wenn die Menschen sich einmal Gedanken machen würden an ihren Ufern, über das Woher und Wohin, auch darüber, daß ihr eigener Lebenslauf doch in manchen Stücken dem des fließenden Wassers gleicht.
„Seele der Menschen, wie gleichst Du dem Wasser — Schicksal des Menschen, wie gleichst Du dem Wind!“
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