Heft 
(1958) 6
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Dem gleichen Ziel dient die Inszenierung von Leon KruczkowskisDie Sonnenbrucks. Dieses Werk des polnischen Autors erlebte in den vergan­genen Jahren in unserer Republik zahlreiche Aufführungen und wurde überall mit Begeisterung und nachdenklichem Emst aufgenommen, zeigt es doch die Haltung einer deutschen bürgerlichen Familie während der Zeit des Faschismus. Der Gelehrte Professor Sonnenbruck erkennt durch seine ehrliche bürgerlich-humanistische Lebenseinstellung, auf welcher Seite der Welt diese Haltung die gesellschaftliche Sicherung durch den Staat er­hielt und zieht daraus für sich die Konsequenzen. Daß dieses künst­lerisch und politisch wertvolle Werk kurz nach dem 2. Weltkrieg von einem Polen geschrieben wurde, beweist uns wiederum, mit welchem Vertrauen die Menschen unserer Nachbarländer auf uns schauen. Sie sind sicher, daß wir Deutschen unsere wahre historische Aufgabe gefunden haben, indem wir mit ihnen gemeinsam auf Wacht stehen gegen einen neuen Faschismus in Westdeutschland und anderen kapitalistischen Län­dern.

Wir sind erfreut darüber, daß wir Ihnen in der kommenden Spielzeit zum erstenmal ein Werk des großen englischen Dramatikers William Shake­speare bringen können. Von seinen zahlreichen Werken wählten wir die KomödieWas Ihr wollt aus.

Vor einigen Jahren sahen Sie von unserem Theater Gerhard Hauptmanns Biberpelz. In dieser Spielzeit nun werden Sie die TragödieRose Bernd kennenlernen, ein Stück, das den Namen seines Schöpfers Gerhart Haupt­mann auf lange Zeit unvergessen machen wird. Die Tragödie des Mädchens Rose Bernd steht für viele andere, unbekannte, die die vergangenen Ge­sellschaftsordnungen anrichteten. Rose Bernd wird uneheliche Mutter eines Kindes und glaubt sich vor den Nachstellungen der unvernünftigen, mit Vorurteilen beladenen Menschen nur zu retten, indem sie ihr Kind umbringt. Ein ähnliches Problem die Haltung einer Gesellschaft zu einer unverheirateten Mutter gestaltet Gerhard Fabian in seinem Schauspiel Marie Hedder. Die Gegenwart wird darin untersucht. Wie stehen wir, denen doch der tätige Humanismus Grundlage des Lebens ist, einer solchen Frau gegenüber? Fabian zeigt in seinem Schauspiel, daß Vorurteile in vielen Menschen noch tief verwurzelt sind, daß viele noch nicht geneigt sind, einmal gestrauchelten und nun hilflosen Menschen die Hand ent­gegenzustrecken und ihnen das Selbstvertrauen wiederzugeben. Zugleich zeigt Gerhard Fabian aber, daß diese Menschen entgegen unseren gesell­schaftlichen Prinzipien handeln, daß sie im Begriff sind, unmenschlich zu handeln. Dieses wird am Beispiel der Verhaltensweise der LPG-Bauern zu

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