Heft 
(1880) 39
Seite
321
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L'Adultera.

52 j

Gegenden das Licht der Welt erblickt und sich bis diesen Tag, neben seinem Berliner Jargon, einen Rest heimatlicher Sprache conservirt hatte. Elimar, einer seiner Bevorzugten, nahm gleich im ersten Momente des Zurechtrückens ein mehrklappiges Lederfutteral heraus, steckte dem Alten eine der obenauf­liegenden Cigarren zu und sagte vertraulichfür'n Rückweg, Ehm".

Dieser fuhr mit der Rechten dankend an feinen Kutscherhut, und damit waren die Präliminarien geschlossen.

Als sie bald darauf bei der Normaluhr auf dem Spittelmarkte vorüber kamen, und in eine der schlechtgepflasterten Seitenstraßen einbogen, hielt Elimar den ersehnten Zeitpunkt für gekommen und sagte:

Ist denn der neue Herr schon da?"

Der Frankfurtsche? Ne, noch nich, Herr Schulze.

Na, dann muß er aber doch bald. . ." »

I, woll. Bald muß er. Ich denke, so nächste Woche. Un de Stuben sind ooch all tapzirt. Jott, se duhn ja, wie wenn't en Prinz war', erst der Herr un nu ooch de Jnädge. Un Christel meent, he sall man en

Jüdscher sinn".

Aber reich. Und Offizier. Das heißt bei der Landwehr oder so".

Js et möglich?"

Und er soll auch singen".

Ja, singen wird er woll".

Elimar war eitel genug, an dieser letzteren Aeußerung Anstoß zu nehmen und da sich's gerade traf, daß in eben diesem Augenblicke der Wagen aus dem Wallstraßen-Portal auf den abendlichstillen Opernplatz einbog, so gab er das Gespräch um so lieber auf, als er nicht wollte, daß dasselbe von den Insassen des Wagens verstanden würde.

Von Seiten dieser war bis dahin kein Wort gewechselt worden, nicht aus Verstimmung, sondern nur aus Rücksicht gegen die junge .Frau, die, herzlich froh über den zur Hälfte frei gebliebenen Rücksitz, ihre kleinen Füße gegen das Polsterkissen gestemmt und sich bequem in den Fond des Wagens zurückgelehnt hatte. Sie war gleich beim Einsteigen ersichtlich müde gewesen, hatte, wie zur Entschuldigung, etwas von Champagner und Kopf­weh gesprochen, das Filet-Tuch dabei höher gezogen und ihre Augen geschlossen. Erst als sie zwischen dem Palais und dem Friedrichs­monumente hinfuhren, richtete sie sich wieder auf, weil sie jenen Aller­loyalsten zugehörte, die sich schon beglückt fühlen, einen bloßen Schattenriß an dem herabgelassenen Vorhänge des Eckfensters gesehn zu haben. Und wirklich sie sah ihn und gab in ihrer reizenden, halb kindlich, halb koketten Weise, der Freude darüber Ausdruck.

Ihr Geplauder hatte noch nicht geendet, als der Wagen am Branden­burger Thore hielt. Im Nu waren beide Maler, deren Weg hier abzweigte, von ihren Plätzen herunter und empfahlen sich dankend dem liebenswürdigen