L'Adultera.
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gestiegen, sag' ich. Aber so mich nicht alles täuscht, haben wir hier mehr, meine Freunde. Wir haben hier, wenn ich richtig beobachtet oder sagen wir wenn ich richtig geahnt habe, eine Vermählung von Modernem und Antikem: Venus Spreavensis und Venus Kallipygos. Ein gewagtes Wort, ich räum' es ein. Aber in Griechisch und Musik darf man alles sagen. Nicht wahr, Anastasia? Nicht wahr, Elimar? Außerdem, entsinn' ich mich, zu meiner Rechtfertigung, eines wundervollen Kallipygos - Epigramms . . . Nein, nicht Epigramms . . . Wie heißt etwas Zweizeiliges, das sich nicht reimt . . ."
„Distichon".
„Richtig. Also ich entsinne mich eines Distichons . . . Aber bah, da Hab' ich es vergessen. . . Melanie, wie war es doch? Du sagtest es damals so gut und lachtest so herzlich ... Und nun hast Du's auch vergessen. Oder willst Du's blos vergessen haben? ... Ich bitte Dich . . . Ich hasse das . . . Besinne Dich. Es war etwas von Pfirsichpslaum und ich sagte noch ,man fühl' ihn ordentlich^. Und Du sand'st es auch und stimmtest mit ein . . . Aber die Gläser sind ja leer . . ."
„Und ich denke, wir lassen sie leer", sagte Melanie scharf und wechselte die Farbe, während sie mechanisch ihren Sonnenschirm auf- und zumachte. „Ich denke, wir lassen sie leer. Es ist ohnehin Glühwein. Und wenn wir noch
hinüber wollen, so wird es Zeit sein, hohe Zeit". Und sie betonte das Wort.
„Ich bin cs zufrieden", entgegnete Van der Straaten, aber in einem Tone der nur allzu deutlich erkennen ließ, daß seine gute Stimmung in ihr Gegentheil umzuschlagen begann. „Ich bin es zufrieden und bedauere nur, allem Anscheine nach, wieder einmal Anstoß gegeben und das adlige Haus de Caparoux in seinen höheren Aspirationen verschnupft zu haben. Es ist immer das alte Lied, das ich nicht gerne höre. Wenn ich es aber hören will, so lad' ich mir meinen.Schwager-Major zu Tische, der ist erster Kammerherr am Throne des Anstands und der Langenweile. Heute fehlt er hier und ich hätte gern darauf verzichtet, ihn durch seine Frau Schwägerin ersetzt zu sehen. Ich hasse Prüderieen und jene Prätensionen höherer Sittlichkeit, hinter denen nichts steckt. Im günstigsten Falle nichts steckt. Ich darf das sagen und jedenfalls will ich es sagen, und was ich gesagt habe, das habe ich gesagt".
Es antwortete Niemand. Ein schwacher Versuch Gablers wieder einzulenken, mißlang, und in ziemlich geschäftsmäßigem, wenn auch freilich wieder ruhiger gewordenen Tone wurden alle noch nöthigen Verabredungen zur Ueberfahrt nach Treptow in zwei kleinen Booten getroffen. Ehm aber sollte, mit Benutzung der nächsten Brücke, die Herrschaften am andern User erwarten. Alles stimmte zu, mit Ausnahme von Fräulein Riekchen, die verlegen erklärte, „daß Bootschaukeln, von klein auf, ihr Tod gewesen sei". Worauf sich Van der Straaten in einem Anfalle von Ritterlichkeit erbot, mit ihr in der Glaslaube Zurückbleiben und das Anlegen des nächsten, vom „Eierhäuschen" her erwarteten Dampfschiffes abpassen zu wollen.