Heft 
(1880) 39
Seite
346
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3^6 - Theodor Fontane in Berlin.-

Ich dächte doch . . ." sagte Rubehn mit einem leisen Ansluge von Verlegenheit und Mißstimmung.

Ich dächte doch", wiederholte Melanie und lachte.Daß doch auch die Klugen und Klügsten auf diesen Punkt hin immer empfindlich sind!. Aber ich bitte Sie, sich aller Empfindlichkeiten entschlagen zu wollen. Sie- sollen selbst entscheiden. Beantworten Sie mir auf Pflicht und Gewissen die Frage: ob Ebenezer ein Name ist? Ich meine ein Name für's Haus, für's Geplauder, für die Causerie, die doch nun mal unser Bestes istl Ebenezer! O Sie dürfen nicht so bös aussehen. Ebenezer ist ein Name für einen Hohenpriester oder für einen, der's werden will, und ich seh' ihn ordentlich, wie er das Opsermesser schwingt. Und sehen Sie, davor schaudert mir. Ebenezer ist au konä nicht besser als Aaron. Und es ist

auch nichts daraus zu machen. Aus Ezechiel Hab ich mir einen Ezel glücklich condensirt. Aber Ebenezer!"

Anastasia weidete sich an Rubehns Verlegenheit und sagte dann:Ich.

wüßte schon eine Hilfe".

O, die weiß ich auch. Und ich könnte sogar alles in einen allgemeinen und fast nach Grammatik klingenden Satz bringen. Und dieser Satz würde sein: Um- und Rückformung des abstrusen Familiennamens Rubehn in den alten, mir immer lieb gewesenen Vornamen Rüben".

Und das wollt' ich auch sagen", eiferte Anastasia.

Aber ich Hab' es gesagt".

Und in diesem Prioritäts-Streite scherzte sich Melanie mehr und mehr in den Ton alter Unbefangenheit hinein und fuhr endlich, gegen Rubehn gewendet, fort:Und wissen Sie, lieber Freund, daß mir diese Namens­

gebung wirklich etwas bedeutet? Rüben, um es zu wiederholen, war mir von jeher der Sympathischste von den Zwölfen. Er hatte das Hochherzige,, das sich immer bei dem Aeltesten findet, einfach weil er der Aelteste ist. Denken Sie nach, ob ich nicht Recht habe. Die natürliche Herrscherstellung des Erstgeborenen sichert ihn vor Mesquinerie und Jntrigue".

Jeder Erstgeborene wird Ihnen für diese Verherrlichung dankbar sein müssen, und jeder Rüben erst recht. Und doch gesteh ich Ihnen offen, ich hätt' unter den Zwölfen eine ändere Wahl getroffen".

Aber gewiß keine bessere. Und ich hoff' es Ihnen beweisen zu können. Ueber die sechs Halb-Legitimen ist weiter kein Wort zu verlieren. Sie nicken, sind also einverstanden. Und so nehmen wir denn, als erstes Betrachtungs- objeet, die Nestküken der Familie, die Muttersöhnchen. Es wird soviel von ihnen gemacht, aber Sie werden mir zustimmen, daß die spätere ägyptische Excellenz nicht so ganz ohne Noth in die Cisterne gesteckt worden ist. Er war einfach ein snlant tsrribls. Und nun gar der Jüngste! Verwöhnt und verzogen. Ich habe selbst ein Jüngstes und weiß etwas davon zu.