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Neues vom NüchertLsch
Von
Waul von Szczepanski.
<WUenn es überhaupt nötig gewesen wäre, die von der -EW Esterhazy-Presse in die Welt gesetzte Behauptung, Zola sei durch eine Bestechung des sogenannten und kaum existierenden Dreysus-Syudikates zu seiner Parteinahme für den Gefangenen der Teufels-Insel veranlaßt worden, zu dementieren, so hätte Emile Zola diese Verleumdung nicht schlagender zu widerlegen vermocht, als durch die Veröffentlichung seines letzten Romanes „Paris", der jetzt auch in trefflicher deutscher Uebersetzung von A. Berger (3 Bünde, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart) erschienen ist. Denn man kann sich nicht von einem jüdischen Syndikat als Verteidiger anwerben lassen und gleichzeitig einen Roman veröffentlichen, der keinen Zweifel darüber läßt, daß man von dem jüdischen Einfluß auf das Volkstum seines Landes nichts wie Unheil erwartet. Wollte jemand einwerfen, Zola habe seinen Romair „Paris" bereits beendet gehabt, als er sich für Dreyfus engagierte oder vielmehr, nach dieser Anschauung, engagieren ließ, so würde dieser Einwnrf doch hinfällig sein. Denn „Paris" wurde irr dem Feuilleton einer Pariser Zeitung erst veröffentlicht, als der Zola- Prozeß längst im Gange war, und es wäre den: Verfasser ein leichtes gewesen, ihn noch während des Erscheinens so zu retouchieren, daß alles, was sich als Anschauung des Verfassers über den korrumpierenden Einfluß jüdischen Geldes giebt, sich nur noch gegen das Geld im allgemeinen gerichtet hätte. Der Roman hatte dadurch nur ein paar- charakteristische Züge eingebüßt, denn in der Schilderung von Paris, die Zola entwirft, hält sich die jüdische Hochfinanz sehr im Hintergründe. Eine einzige der eingehender behandelten Figuren, die Gattin des Barons Duvillard, stammt aus jüdischer Familie, und sie ist noch dazu, allerdings weniger aus Ueberzeugung als aus Liebe zu ihrem Liebhaber, einem Aristokraten des Faubourg St. Germain, zum Katholizismus übergetreten. Trotzdem sind die Seitenhiebe, mit denen Zola gerade die jüdische Hochfinanz bedenkt, so zahlreich und so scharf, daß man ihn unmöglich für einen überzeugten und noch weniger für einen gekauften Philosemiten halten kann. Die eigentliche Tendenz des Romans richtet sich freilich nicht gegen irgend welche spezifisch jüdischen Eigenschaften, noch weniger gegen das mosaische Bekenntnis — sie richtet sich gegen die Religionen über
haupt, gegen alle Religionen, in erster Linie gegen den Katholizismus. Konnte man nach Zolas „Rom" noch der Ansicht sein, der Verfasser bekämpfe den Katholizismus nur so weit, wie er sich im Lauf zweier Jahrtausende seiner Ansicht nach von der reinen Lehre Christi entfernt hat, so läßt Zola in diesem letzten, die Serie „Lourdes — Rom — Paris" beschließenden Roman gar keinen Zweifel darüber, daß er dem absoluten Materialismus verfallen ist und jede Religion nur für ein Mittel hält, den Fortschritt der Menschheit zu hindern. Einiges von der Sittenlehre Christi — meint er gnädig — könne man vielleicht in die Religionslosigkeit der Zukunft hinübernehmen; im übrigen — reinen Tisch mit allem, was die Menschheit an ein Jenseits glauben machen will. Unwillkürlich wird man an den Vers erinnert, der vor Jahren kurze Zeit über dem Begräbnisplatz einer religiösen Vereinigung in Berlin prangte:
„Macht hier das Leben gut und schön,
Kein Jenseits gicbt's, kein Wiedersehn."
Man kann sicher auch mit dieser Ueberzeugung Idealist sein und sich einen Himmel schon auf Erden träumen, wenn man sich einbildet, das Gute in oer Menschhheit müßte plötzlich ohne weiteres über das Schlechte in ihr triumphieren. Aber ein solcher Träumer ist Zola uicht. Er sagt sich, wenn das Gute triumphieren soll, so kann das nicht von selbst kommen, es muß der Menschheit, die nun schon viele tausend Jahre eine sehr charakteristische Mischung von gut und schlecht gezeigt hat, etwas zu Hilfe kommen, was ihre schlechten Eigenschaften verschwinden und ihre guten sich entwickeln macht. Und da jemand, der an nichts glaubt, immer noch an etwas glaubt, so glaubt Zola an zwei sehr schätzenswerte Dinge — an die Fortschritte der Wissenschaft und an den Segen der Arbeit. Da er in einem Jahrhundert lebt, das in zahllose!: Erfindungen so viel Fortschritte der Wissenschaft aufweist wie kein andres, dessen Kulturgeschichte genügend bekannt ist, um einen Vergleich möglich zu machen, und da Zola selbst zu den Menschen gehört, denen die Arbeit lebenslang ein Bedürfnis gewesen ist, so ist es nicht weiter verwunderlich, daß er sich den Glauben an diese beiden erhalten hat. Aber das Arkanum, das er Arbeit und Wissenschaft zusammen Hervorbringen läßt, um die Menschheit umzuwandeln und sie