Und das Ergebnis— eine nachfolgende Demonstration asozialen Verhaltens durch den Jugendlichen selbst. Zuerst steht ein solches Verhalten dem Selbstwertsystem des Jugendlichen entgegen und führt zu inneren Konflikten, aber nachfolgend kann es zur Interiorisation des Wertesystems kommen, welches vom Objekt der Identifikation getragen wird.
Wenn bedeutende andere Wahlen vom Jugendlichen getroffen werden, die adäquater sind, so garantiert das noch nicht, daß keine Probleme vorhanden sind. Denn der Jugendliche identifiziert sich nicht einfach mit irgendjemandem, er ist geneigt, sich mit diesem Menschen zu vergleichen. Im Ergebnis des Vergleichs können solche für den Jugendlichen nicht förderlichen negativen Erscheinungen auftreten, wie Neid und das Gefühl der Minderwertigkeit. Tragisch ist, daß diese Erscheinungen gerade in solchen Fällen besonders stark auftreten, in denen ein Objekt der Identifikation adäquat gewählt wurde und tatsächlich wertvoll zur Nachahmung ist.
Im Ergebnis all dessen, wie von uns empirisch belegt, verschärft sich das Problemerleben auf‘ dem Gebiet der Freizeit, des Selbstkonzeptes und der Beziehungen zum anderen Geschlecht. Interessant ist, daß sich dieser Typ von Neigungen besonders auffällig bei Mädchen abzeichnet und das Problemerleben sich vorzugsweise bei Jungen mit diesem verbindet(bei Mädchen gibt es diese Verbindung ebenfalls, aber sie ist zu schwach und statistisch nicht bedeutsam*).
In der psychologischen Hilfe für die Jugendlichen ist es in solchen Fällen zweckmäßig, die Aufmerksamkeit nicht auf den Kampf des oben beschriebenen Verhaltens, das zweitrangigen Charakter trägt, zu richten, sondern auf die Hebung des Reflexionsniveaus und auf die Hilfe der Erkenntnis tatsächlicher Motive des Verhaltens. Nur dann kann dem Jugendlichen effektiv Hilfe beim Finden eines besseren adäquateren Weges bei der Suche nach seiner Identität gegeben werden.
Gruppenbildungsneigungen basieren auf solchen aktuellen Bedürfnissen Jugendlicher, wie dem Streben, in einer Bezugsgruppe Anerkennung zu erlangen, der Gruppenidentifikation. Wie im vorhergehenden Fall ist oftmals eine Ursache von Verhaltensproblemen Jugendlicher die Wahl einer asozialen Bezugsgruppe und die Herausbildung einer Abhängigkeit von ihr. Das Ergebnis solcher Abhängigkeiten ist zu Beginn eine einfache Kopie, danach eine vollständige Übernahme des asozialen Gruppenverhaltens. Dem Gruppendruck ist schwer zu widerstehen, vor allem bei hoher Bedeutung der gegebenen Art der Abhängigkeit und einer niedrigen sozialen Kompetenz, was vor allem im Alter Jugendlicher festzustellen ist. Es gibt nicht selten Fälle, wo völlig guterzogene Jugendliche„in der Gemeinschaft“ auch zu kriminellen Straftaten übergehen.
Häufiger trifft man nicht ganz so starke Gewohnheiten asozialen Verhaltens, auch eher „harmlose Streiche“ wie Rauchen, Anwenden von Alkohol oder Narkotika, Angewohnheiten von Jargon- und Schimpfworten usw. In der ersten Etappe dient ähnliches Verhalten als „Ausweis“ einer Gruppenzugehörigkeit, danach bildet sich eine Gewohnheit heraus und ein Aufhören erweist sich als sehr schwer, selbst wenn die entsprechende Gruppe längst für den Jugendlichen ihre Bedeutung verloren hat. Schuld daran ist nicht die schlechte Gruppe, wie
* Die Abhängigkeiten sind detaillierter in Teil 3 beschrieben.
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