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"Kontinuität und Wandel der deutschen Führungsschicht : Ergebnisse der Potsdamer Elitestudie 1995" ; Zusammenstellung der Vorträge des Symposions vom 11. Oktober 1996 an der Universität Potsdam / Primärforscher: Wilhelm Bürklin
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subjektiv empfundene Einschränkung der Durchsetzungsfähigkeit von Führungskräften und die sie einschränkenden Instanzen verwendet und nicht objektive oder strukturelle Daten.

49% der Befragten fühlen sich sehr stark oder stark eingeschränkt, wobei sehr starke Einschränkung nur von 8% und gar keine von 5% der Führungskräfte empfunden wird(vgl. Tabelle 1). Wenig eingeschränkt fühlen sich Medien- und Kultureliten sowie Wirtschaftseliten, stark eingeschränkt Militärs, Politiker, Verwaltungseliten, Verbandseliten, Gewerkschafter und Wissenschaftler. Zwischen den Politikern der verschiedenen Parteien und Funktionen sind die Differenzen nicht sehr groß, eine Ausnahme bilden die Politiker der PDS, die sich wenig eingeschränkt fühlen sowie der Bundesregierung, die dies dagegen in starkem Maße empfinden.

Ost- und westdeutsche Führungskräfte unterscheiden sich in der Einschätzung ihrer Autonomie sowohl generell als auch im sektoralen Vergleich kaum.

Es zeigt sich, daß außer beim Militär mindestens 40% der Befragten in allen Sektoren angeben, wenig oder gar nicht eingeschränkt zu sein, gleichzeitig fühlt sich in allen Sektoren- auch in den Sektoren mit hoher funktionaler Autonomie- mindestens ein Viertel stark eingeschränkt. Das spricht dafür, daß alle Sektoreliten trotz sektoraler Unterschiede ein gewisses Maß an Autonomie besitzen, aber auch ein gewisses Maß an Einschränkung überall vorhanden ist, und sich die existierenden Differenzen nicht dahingehend auswirken, daß bestimmte Teilbereiche vollständig und andere gar nicht autonom sind.

Bei der Durchsetzung von Entscheidungen müssen vor allem innerorganisatorische Schranken überwunden werden: mehr als die Hälfte der Befragten gab an, durch Kontrollgremien der eigenen Organisation und durch Kollegen und Mitarbeiter eingeschränkt zu sein. Auch die traditionelle Linie bzw. Politik der Organisation empfindet knapp die Hälfte der Befragten als Einschränkung. Erst mit großem Abstand folgen die äußeren Einschränkungen: die politischen Kontroll- und Aufsichtsgremien und die Öffentliche Meinung werden von rund einem Viertel als einschränkende Instanzen wahrgenommen(vgl. Tabelle 2).

Politiker fühlen sich mit Abstand am stärksten von der Linie der Partei eingeschränkt. Die Rolle, die die verschiedenen Parteien im gesamten Spektrum des politischen Systems einnehmen, drückt sich in den wahrgenommenen einschränkenden Instanzen aus: Politiker der kleinen Oppositionsparteien fühlen sich durch Kollegen und Mitarbeiter sowie durch die nachgeordneten Instanzen der Partei in ihrer Autonomie begrenzt, Politiker der Volksparteien dagegen verstärkt durch die Opposition in den Parlamenten und von der öffentlichen Meinung.

Differenzen von Ost- und Westdeutschen hinsichtlich der Angaben über die sie einschränkenden Instanzen oder Akteure sind zwar sichtbar, lassen sich aber vor allem auf die unterschiedliche Repräsentanz ostdeutscher Führungskräfte in den verschiedenen Sektoren und ihre Konzentration im politischen Sektor zurückführen. Während westdeutsche Führungskräfte in erster Linie die innerorganisatorischen Kontrollgremien nennen, werden diese von Ostdeutschen erst an dritter Stelle genannt. Ostdeutsche fühlen sich am häufigsten durch die traditionelle Linie der Organisation und stärker als die Westdeutschen von Kollegen und Mitarbeitern, den nachgeordneten Instanzen und der öffentlichen Meinung eingeschränkt.

Kooperationspotential:

Wenden wir uns jetzt dem Kooperationspotential als Baustein der Elitenintegration zu. Als Indikator für das vorhandene Kooperationspotential in der Gesamtelite wird die Beurteilung des Mangels an Kooperation als Problem der Führungsgruppen herangezogen.

12% der Führungsschicht sind der Auffassung, daß mangelnde Kooperation unter den Führungsgruppen für Probleme verantwortlich zu machen ist(vgl. Tabelle 3).

Am stärksten beklagt wird mangelnde Kooperation der Führungskräfte von der Verwaltungs-elite und den Wissenschaftlern. Beide Bereiche sind stark abhängig von der Politik. Die Verwaltung steht in einem funktional untergeordneten Verhältnis zur Politik, die Wissenschaft ist angewiesen auf staatliche Finanzierung. Am wenigsten stark beklagen sich Politiker, Gewerkschaftseliten und