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"Kontinuität und Wandel der deutschen Führungsschicht : Ergebnisse der Potsdamer Elitestudie 1995" ; Zusammenstellung der Vorträge des Symposions vom 11. Oktober 1996 an der Universität Potsdam / Primärforscher: Wilhelm Bürklin
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Elitenintegration durch Kommunikation.. Eine Analyse der Kontaktmuster bundesdeutscher Eliten. Martina Sauer/ Kai-Uwe Schnapp

Kommunikation als Voraussetzung von Integration

Anhand von Kontaktmustern der Eliten soll untersucht werden, wie groß die intersektorale Kommunikation zwischen den Eliten ist und der Frage nachgegangen werden, ob eine

Abschottung zwischen den Sektorelite existiert.

Die Differenzierung moderner Gesellschaften und die Verselbständigung der funktionalen Teilsysteme führt zur Herausbildung sektorspezifischer Handlungs- und Kommunikationszu­sammenhänge(Parsons 1976). Wegen der gleichzeitig zunehmenden Interdependenz der Teile müssen die autonomen Teilsysteme durch politische Prozesse reintegriert werden. Das Inte­grationsproblem wurde auf der strukturellfunktionalen Ebene von der Steuerungstheorie(Scharpf 1991; Mayntz 1987; 1988) und auf der akteurszentrierten Ebene durch die Elitentheorie(Field/Higley 1983; Herzog 1982, 1991) untersucht. Trotz unterschiedlicher Beobachtungsebenen wurde von beiden Ansätzen teilsystemübergreifende Kommunikation bzw. InterElitennetzwerke als eine Voraussetzung der Elitenintegration herausgearbeitet. Kommunikation erhöht das Wissen über und das Verständnis für andere teilsystemische Standpunkte und schafft damit eine Voraussetzungen für Konsensfindung in pluralistischen Gesellschaften.

Die Zusammenführung der divergierenden Teile durch kollektiv bindende Entscheidungen ist die Hauptaufgabe der Steuerung durch das politische System. Seine Akteure müssen deshalb im Zentrum des intersektoralen Kommunikationsnetzes stehen, aus dem kein relevanter Sektor ausgeschlossen sein darf(Herzog 1991). Dies bedeutet zwar einerseits einen Machtverlust des politischen Systems, gleichzeitig bedeutet es aber auch einen Zugewinn für das gesamtgesellschaftliche Steuerungspotential durch die Nutzung der Potentiale anderer Teil-systeme (Wissen, Information, Aufgabenentlastung)(Herzog 1991). Um dieses Potential nutzen zu können, müssen die sektoralen Kommunikationsbarrieren zwischen den Teilbereichen überwunden werden. Dies kann durch ein weitverzweigtes sektorübergreifendes Kommunikationsnetz zwischen den Akteuren aller Teilbereiche ermöglicht werden, da individuelle Akteuremultilinguale Kommunikationskompetenz" besitzen können, die ihrerseits durch intensive Kommunikation erhöht werden kann(Scharpf 1989).

Die Kommunikationsmuster der Eliten sind in zwei Formen denkbar. Beide Formen bedeuten unterschiedliche Integrationschancen:

a) Zum einen ist es möglich, daß Befragte eines Sektors zu Institutionen anderer Sektoren Kontakt haben, sich im Muster der kontaktierten Institutionen untereinander gleichen und von den Kontaktmustern der anderen Sektoreliten unterscheiden. Eine solche Kontaktstruktur wäre durch die Sektorfunktion determiniert und würde begrenzte Chancen der Elitenintegration beinhalten.

b) Eine andere mögliche Ausformung der Kommunikationsmuster besteht darin, daß sich Gruppen mit ähnlichen Kontaktmustern finden lassen, sich diese Gruppen aber aus unterschiedlichen Sektoreliten zusammensetzen. Eine solche Kontaktstruktur wäre weniger stark funktional determiniert und böte gute Chancen für die Elitenintegration.

2) Um gesamtgesellschaftliche Integration sichern zu können, müssen alle relevanten Teilsysteme möglichst gut in das Elitenkommunikationsnetz eingebunden sein. Bei mangelnder Einbindung oder Exklusion von Teileliten wäre die gesellschaftliche Integration gefährdet.

3) Da das politische System die Integrationsfunktion erfüllen soll, muß das politische System einen Knotenpunkt im Kontaktnetz bilden.

4) Aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen von Führungskräften ost-und westdeutscher Herkunft könnten sich unterschiedliche Kontaktmuster entwickeln. Zeigen sich