Teil eines Werkes 
Teil 1 (2005)
Entstehung
Seite
9
Einzelbild herunterladen

Wissenschaftliche Einordnung der Untersuchung

den wir den Zusammenhang zwischen Zahlverständnis/Zählkompetenz und Größenverständ­nıs der Kinder berücksichtigen.

Betrachten wir nun den GrößenbereichGeldwert sowie dazu gehörige Repräsentantenberei­che, die Äquivalenzrelation, das Vergleichen, die Addition und das Messen genauer, dann stellen wir einige Besonderheiten dieses Größenbereichs fest, die aus unserer Sicht Einfluss auf die Entwicklung vonGrößenvorstellungen haben.

Repräsentanten von Geldwerten sind Münzen und Scheine(in verschiedenen Währungsein­heiten bzw. Sorten). Messen bedeutet dann, einer Kollektion von Münzen und Scheinen eine positive reelle Zahl zuzuordnen, den Geldbetrag, wobei dann jeweils eineEinheitsgröße festzulegen ist. Die Relation des Vergleichs istist mehr Wert als und die Äquivalenzrelation entsprechendwertgleich. Ein direkter, unmittelbarer Vergleich zweier Münzkollektionen kann eigentlich nur durch eine 1-1-Zuordnung, also durch ein Auszählen erfolgen, was voraussetzt, dass die beiden zu vergleichenden Repräsentanten ın gleichen Einheiten angegeben sind, oder dass die Kinder beide Repräsentanten so wechseln, dass eine 1-1-Zuordnung zum richtigen Vergleichsergebnis führt. Das bedeutet, dass das Wechseln beim Geld ein ganz entscheidendes Element der Messidee ist(bei Repräsentanten von Längen ist dies z.B. nicht der Fall).

Mit dem Begriff desWertes sind wir bei einer wichtigen Besonderheit des Größenbereiches Geldwerte, die eng mit der Entstehungsgeschichte des Geldes als Tauschmittel und se1­ner ökonomischen Funktion zu tun hat. Getauscht werden eine Geldkollektion eines bestimm­ten Geldwertes gegen eine Ware, die diesem Geldwert entspricht. Wenn ın Veröffentlichungen davon gesprochen wird, dass Kinder einGeldwertgefühl entwickeln müssen, so umfasst das auch immerreale Preisvorstellungen haben. D.h., die Kinder sollten Vorstellungen davon haben, was man für 1, für 10 oder 100 kaufen kann, was man für eın Brötchen, einen Ball, ein Fahrrad bezahlen muss. Das bedeutet, dass für die Kinder neben dem Repräsentantenbereich der Münzen und Scheine auch Waren, Dinge, die sie gern besitzen möchten, Repräsentanten für einen bestimmten Geldwert sind, bzw. wünschenswerter Weise sein sollten. Das heißt, dass die Relationgenauso viel Wert in zweı ganz unterschiedlichen Zusammenhängen auftritt: Zweı 50-Cent-Stücke sind genauso viel Wert wie eın 1-Stück, aber auch vier Brötchen sindgenauso viel Wert wie eine Tafel Schokolade beides kann für 1 erworben werden. Auch bei der Entscheidung, warum zwei 50-Cent-Stücke genauso viel Wert sind wie 1-Stück, argumentieren viele Kinder, weil man das gleiche dafür kaufen kann. Auch Claar stellt fest, dassmehr Wert für Kinder bedeutet, dass Größeres, Besseres® oder mehr Dinge gekauft werden können.

Das bedeutet, dass man sich mit dem GrößenbereichGeldwerte* nicht ausschließlich aus mathematisch-struktureller Sicht beschäftigen kann, dass man Fragen, die mit der Rolle des Geldes ın der Gesellschaft zu tun haben, nicht ausklammern kann. Dabei spielen dann öko­nomische, philosophische und auch soziale Fragen eine Rolle; was bei keinem anderen Grö­Benbereich, der in der Grundschule eine Rolle spielt, der Fall ist. MitGeld kann man auch nicht wıe mit physikalischen Größen experimentieren, um zu Einsichten über die Größe zu kommen. Hınzu kommt, dass in unterschiedlichen Läden fürgleiche Dinge unterschied­lich viel zu zahlen ist. Ein Kilogramm Bananen kostet eben bei Aldi nicht genauso viel wie bei Edeka. Wertvorstellungen sind also auch noch auf bestimmte Einkaufsgelegenheiten be­

® Diese Kategorien sind subjektiv geprägt, der abgegriffene Lieblingsteddy kann so viel mehr Wert sein als das (ungeliebte) sehr teure Spielzeugauto.