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Das Fontane-Buch : Beiträge zu seiner Charakteristik ; Unveröffentlichtes aus seinem Nachlaß ; das Tagebuch aus seinen letzten Lebensjahren / hrsg. von Ernst Heilborn
Entstehung
Seite
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Der alte Fontane

Ein neuer Band von Briefen Theodor Fontanes ist er­schienen, etwas ganz Entzückendes. Wir haben nun die beiden Bände der Familienbriefe und zwei mit Briefen an seine Freunde. Sind noch mehr da? Man soll sie heraus­geben! Und zwar meine ich namentlich solche Äußerungen, die aus späten Tagen stammen, Briefe des alten Fontane; denn die des mittleren und jungen sind im Vergleich damit unbeträchtlich. Scheint es nicht, daß er alt, sehr alt werden mußte^ um ganzerselbstzu werden? Wie es geborene Jünglinge gibt, die sich früh erfüllen und nicht reifen, ge­schweige denn altern, ohne sich selbst zu überleben , so gibt es offenbar Natur en, denen das Greisenalter das einzig gemä ße ist, klassische Greise, sozusagen, berufen, die ide alen Vorzüge dieser Lebensst ufe, als Milde, G üte, Gere chtig- keit, Humor und verschlagene Weisheit, k urz, jene höhere Wiederkehr kindlicher Ungebundenheit und Unschuld, der Menschheit aufs vollkommenste vor Augen zu führen. Zu diesen gehörte er; und es sieht aus, als habe er das gewußt und es eilig gehabt, alt zu werden, um recht lange alt zu sein. 1856, mit siebenunddreißig Jahren, schreibt er an seine Frau:Daran, daß ich anfange, an Musik Gefallen zu finden, merk' ich deutlich, daß ich alt werde. Musik und die schönen Linien einer Statue fangen an, mir wohlzutun; die Sinne werden feiner, und die erste Regel des Genusses lautet: Nur keine Anstrengung! In der Jugend ist das alles anders." Dreiundzwanzig Jahre später schreibt er an seinen Verleger Hertz:Ich fange erst an. N ichts li eg t hinter mi x, alles vor mir, em^Mu^ H d em Pech zugleich. Auch ein Pech. Denn"es ist nichts Ungenehmes, mit Neunundfünfzig als ein ganz kleiner Doktor' dazustehen." Vierzig Jahre später gibt er sein Meisterwerk...

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