Der Karrenschieber von Grisselsbrunn (1 885 )
Ausführung. Aus „Von vor und nach der Reise".
Der Sommer hatte mich nach Norderney geführt, nicht um zu baden, sondern lediglich, um mal wieder die See zu sehen und bei der Gelegenheit ein Rendezvous mit ein paar alten Freunden zu haben, die regelmäßig ihre Ferien auf der, ohne schön zu sein, doch so reizvollen Nordsee-Insel zubrachten. Diese Regelmäßigkeit des Besuchs hatte auch zur Herrichtung eines Stammtisches geführt, in einem ziemlich abgelegenen Lokal, unmittelbar am Strande. Wir hätten, von seiner Höhe her, unfern Becher mit Leichtigkeit ins Meer werfen können, ganz wie der König von Thule. Statt dessen zogen wir es aber vor, über altes und neues zu plaudern, ja, verstiegen uns eines Abends bis zu dem Vorschlag, jeder solle, der Reihe nach, eine Geschichte zum besten geben, aber es müsse Selbsterlebtes sein. Das war Bedingung. Der letzte, der das Wort nahm, war Baurat Oldermann.
„Ich möchte," hob dieser an, „eine Geschichte von einem Karrenschieber erzählen und zwar, damit das Kind vom Anfang an einen Namen hat, die Geschichte vom Karren - schieber von Grisselsbrunn.
Nun, Grisselsbrunn, vordem eine nicht unberühmte Heilquelle, war seit Anfang dieses Jahrhunderts nebenher auch noch ein großer Kaffeegarten geworden, unmittelbar vor der Stadt L., und als diese, wie Sie wissen, im Laufe der 70 er Jahre sich auszudehnen und alle Vorörter und Nachbardörfer in sich aufzunehmen begann, kam auch Grisselsbrunn an die Reihe. Kaum daß man die immer noch in Ehren gehaltene Quelle respektierte. Die ringsherum stehenden Pavillons und Buden aber fielen sofort und die Platanen und Ahornbäume schließlich auch, — alles, um einem großen Hotelbau, samt einem Bazar im Erdgeschoß, Platz zu machen. Ich wurde, nach Gutheißung meiner Pläne, mit der Oberleitung
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