Oceane von Parceval
(Entwurf zu einer Novelle)
Erstes Kapitel
Tendenz: allgemein mit modernem und romantisierendem Anflug. Szenerie: Heringsdorf.
Es gibt Unglückliche, die statt des Gefühls nur die Sehnsucht nach dem Gefühl haben, und diese Sehnsucht macht sie reizend und tragisch. Die Elementargeister sind als solche uns unsympathisch, die Nire bleibt uns gleichgültig, von dem Augenblick an aber, wo die Durchschnittsnire zur exzeptionellen Melusine wird, wo sie sich einreihen möchte ins Schön- Menschliche und doch nicht kann, von diesem Augenblick an rührt sie uns. Oceane von Parceval ist eine solche moderne Melusine. Sie hat Liebe, aber keine Trauer, der Schmerz ist ihr fremd, alles, was geschieht, wird ihr zum Bild, und die Sehnsucht nach einer tieferen Herzensteilnahme mit den Schicksalen der Menschen wird ihr selber zum Schicksal. Sie wirft das Leben weg, weil sie fühlt, daß ihr Leben nur ein Scheinleben, aber kein wirkliches Leben ist. Sie weiß, daß es viele Melusinen gibt; aber Melusinen, die nicht wissen, daß sie's sind, sind keine; sie weiß es, und die Erkenntnis tötet sie.
Or. Felgentreu, Germanist, Privatdozent an der Universität Berlin, Privatdozent mit drei Zuhörern, rres ksciunr collegium. Er hat so viel Edda usw. gelesen, daß er mitunter in einen rhapsodischen Ton verfällt und in Alliterationen spricht. Er hat aus der Edda auch die Elementaranschauungen, d. h. die Anschauungen von der Wirksamkeit des Elementaren auch in der Menschennatur herübergenommen, Pantheismus, Naturkultus. Dabei hat er eine humoristische Ader und persifliert sich selbst.
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