Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
Seite
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1. Die Abstammung.

Charakter. Sachlich genommen würde die polnische Abstammung eines Urgrossvaters, d. h. einer Person unter den acht der Generation, Nietzsche noch nicht zu einem Polen machen. Auch darf man nicht ver­gessen, dass die sächsische Bevölkerung überhaupt sehr viel slavische Bestandtheile enthält.!) Aber mög­lich wäre immerhin, dass durch Atavismus gerade in Nietzsche ungewöhnlich viel Slavisches wieder hervor­getreten wäre. Auch H. von Treitschke, dessen Natur in manchen Beziehungen an die Nietzsches erinnert, war slavischer Abkunft.

Wie der Vater und der Vatersvater, so war auch der mütterliche Grossvater Oehler ein Pastor: Nietzsche hatte also soviel Theologenblut im Leibe, wie man haben kann. Die Mutter Nietzsches hatte mit sieb­zehn Jahren geheirathet und ihren ältesten Sohn mit achtzehn Jahren geboren. Sie zeichnete sich, wie ihre Tochter sagt,durch Anmuth und grosse körperliche Rüstigkeit aus. Nach der Aussage des Hausarztes, des Herrn Dr. Gutjahr, war sie eine in jeder Beziehung vortreffliche Frau, gut und klug, von feinem, ja vor­nehmem Benehmen in allen Lebenslagen. Sie habe nach dem frühen Tode des Mannes die Kinder sorg­fältig erzogen, wobei die anderen Verwandten nur wenig in Betracht gekommen seien. Irgend etwas Ab­normes sei nie an ihr zu bemerken gewesen. Offen­

*) Der Name Nietzsche ist zweifellos slavisch. Im Leipziger Adressbuche von 1902 findet man: drei Nietzsch, fünf Nietzsche, vier Nietzschke, achtzehn Nietzschmann, fünfzehn Nitsche, fünf­undneunzig Nitzsche, einunddreissig Nitzschke.

Möbius, Werke V. 2