Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
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2. Die Persönlichkeit.

Kinderstube geübt hatten und nun sogleich am Weih­nachtsabend vortrugen(Biographie I, p. 37). Das war also im Jahre 1854! Auf p.71 werden die Aufzeich­nungen des Freundes Wilhelm[Pinder] citirt:In dieser Zeit(Frühling 1854) war es, wo meine Freunde und ich anfingen, uns ernsteren Beschäftigungen zuzuwen­den. Besonders war es mein Freund Friedrich Nietzsche, der dies zuerst anregte. Er hatte nämlich in der Kirche eine musikalische Aufführung gehört und diese hatte ihn so ergriffen, dass er beschloss, sich der Musik zu­zuwenden und sich eifrig mit ihr zu beschäftigen. Er brachte es auch bald durch Fleiss und grosses Talent sehr weit im Clavierspielen. Jenes Musikstück war Händels Hallelujah. Nietzsche selbst sagt:Alsbald fasste ich den ernstlichen Entschluss, etwas Aehnliches zu componiren. Sogleich nach der Kirche ging ich auch ans Werk und freute mich kindlich über jeden neuen Accord, den ich erklingen liess. Indem ich aber jahrelang nicht davon abliess, gewann ich doch sehr dabei, indem ich durch die Erlernung des Tongefüges besser vom Blatt spielen lernte. Später schreibt er (Biographie I, p. 210):Es fehlte an einigen äusseren Zufälligkeiten, sonst hätte ich es damals gewagt, Mu­siker zu werden. Zur Musik nämlich fühlte ich schon seit meinem neunten Jahre den allerstärksten Zug; in jenem glücklichen Zustande, in dem man noch nicht die Grenzen seiner Begabung kennt und Alles, was man liebt, auch für erreichbar hält, hatte ich unzählige Compositionen niedergeschrieben und mir eine mehr als dilettantische Kenntniss der musikalischen Theorie