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2. Die Persönlichkeit.
Die Schwester erzählt, Nietzsche habe erst mit 2'/, Jahren sprechen lernen, aber schon mit vier Jahren habe er angefangen, zu lesen und zu schreiben. Als er im sechsten Jahre in die Knaben-Bürgerschule geschickt worden war, meinten die Mitschüler, der kleine Nietzsche „könne Bibelsprüche und geistliche Lieder mit einem solchen Ausdruck hersagen, dass man fast weinen müsste“, und sie nannten ihn den„kleinen Pastor“. Der Freund Pinder schreibt:„Er beschäftigte sich als kleiner Knabe mit mancherlei Spielen, die er sich selbst erdacht hatte..., so leitete er auch alle unsere Spiele und gab neue Methoden darin an.“ Von seinen Einfällen erzählt die Schwester mancherlei, wie er mit ihr in einer Märchenwelt gelebt habe und unerschöpflich gewesen sei in kindischen, aber doch originellen Erfindungen, wie er sich während des Krimkrieges für die kriegerischen Ereignisse begeistert habe, wie ihn später die homerischen Gestalten ganz erfüllten, wie er die„Götter des Olymps“ dichtete und aufführte, Sie citirt später(Biographie I, p. 75) eine Aufzeichnung Nietzsches aus dem Jahre 1858, worin er„über seine drei ersten dichterischen Perioden“ urtheilte.„Auch fallen in die Jahre 1854, 55 meine ersten Gedichte... Ich hatte keine Vorbilder, konnte mir kaum denken, wie man einen Dichter nachahme, und formte sie, wie die Seele sie mir eingab.“ In der ersten Periode seien die Gedichte unbeholfen und schwer gewesen, in der zweiten geziert und phrasenhaft, in der dritten habe er versucht, Lieblichkeit und Kraft zu vereinen. Auch
habe er als Auslese sechsundvierzig Gedichte nam