I. Der ursprüngliche Nietzsche.
will. Das Vorwiegen der pessimistischen Stimmung allein kann es nicht machen. Beim Lesen der Schriften Schopenhauers habe ich manchmal herzlich lachen müssen, bei Nietzsche ist ein Lachen ganz unmöglich. Aus pessimistischen wie aus angeblich optimistischen Aeusserungen spricht dieselbe Trostlosigkeit. Er nennt sich selbst einmal profonde&ment triste, und das ist auch der Charakter seiner Schriften: immer hochgespannt und feierlich, nirgends ein Aufleuchten des Humors, ein Abwerfen des Prophetenmantels. Gerade deshalb, weil Nietzsche soviel von Heiterkeit, von fröhlicher Wissenschaft, von Lachen und Tanzen spricht, weil man dabei die Absicht fühlt, weil die heiteren Worte aus einem tieftraurigen Munde kommen, gerade deshalb friert der Leser. Man kann nicht blos sagen, dass die Schmerzen der Krankheit, die Enttäuschungen des Lebens, der Ernst der Anschauungen den Humor unterdrückt haben; es muss eben von vornherein wenig Humor vorhanden gewesen sein, sonst wäre trotz alles von aussen kommenden Uebels das Leben nicht so trübe geworden.
Für die bildenden Künste scheint Nietzsche wenig Anlage gehabt zu haben. In dem Portenser Abgangzeugniss heisst es:„Er hat nur kurze Zeit den öffentlichen Zeichenunterricht besucht und nichts Befriedigendes geleistet.“ Auch wenig Empfänglichkeit scheint dagewesen zu sein. Die Kurzsichtigkeit allein erklärt es nicht, dass Nietzsche sich so gut wie gar nicht um die Bildkunst gekümmert zu haben scheint. Im Jahre 1875 schreibt er an Fräulein v. Meysenbug(M. v. M.,