Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
Seite
59
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2. Die Persönlichkeit.

eigentlich Werthvolle an ihr gar nicht verstanden, aber die romantischen Bestandtheile der Lehre und beson­ders der Pessimismus gingen ihm ein. Erst jubelte er dem Pessimismus zu als einer heroischen Denk­weise, obwohl er im Grunde lebensfreudig war. Als später Krankheit und Vereinsamung da waren, und er im Herzen Pessimist geworden war, da begeisterte er sich für das Leben, sang ihm entzückte Loblieder und pries es sozusagen mit Haut und Haaren. Der Pessi­mismus, den er anerkannte, machte ihn nicht traurig, und der Optimismus, zu dem er durch Verneinung der Verneinung gekommen war, machte ihn nicht froh. Ausser der Schopenhauers waren für ihn am wichtig­sten die positivistischen Lehren, die ihn, wie früher gesagt wurde, für immer von der Unmöglichkeit einer Metaphysik überzeugten, die Anschauungen der fran­zösischen Moralisten und endlich diemodernen Ideen, soweit sie sich auf dieevolution und die Entartung bezogen. Ohne alle diese(und einige andere) Quellen wäre der Inhalt seiner Gedanken anders gewesen. Hätte er zum Beispiele fünfzig Jahre früher gelebt, so würde er ganz andere Anschauungen gehabt haben. Aber seine Art, zu denken, haben die Anderen nicht gemacht, denn sein leidenschaftliches Für und Wider, die Sprünge aus einem Extrem ins andere, die Position durch Ne­gation des Vorgefundenen, das Nichtzuendedenken, das Zerstören durch Uebertreiben, das alles und manches andere hätte bei ganz anderen Anschauungen ebenso vorkommen können, wie die Schärfe seiner Kritik und sein Reichthum an geistvollen Bemerkungen.