Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
Seite
90
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II. Die Krankheit.

Patron der Hysterie also wählte sich Nietzsche, ohne es zu ahnen, zu seinem Heiligen.

Dieunzeitgemässen Betrachtungen sind vor­wiegend polemischer Art. Vielleicht gehören sie zu dem Besten, was Nietzsche geschrieben hat. Er täuschte sich, wenn er die Bestreitung der Ansichten Anderer für seine Nebenaufgabe ansah. An Fräulein von Mey­senbug schreibt er 1874:Wie wird mir zu Muthe sein, wenn ich erst alles Negative und Empörte, was in mir steckt, aus mir herausgestellt habe. Dazu kam es nie, denn je älter er wurde, um so grösser wurde das Negative und Empörte. Negativ sind auch die Vorträge über die Zukunft der Bildungsanstalten. Gern stimmt man zu, wenn man, wie ich, mit tiefer Erbit­terung an die eigene Gymnasialzeit denkt: Das Be­stehende ist schlecht, aber wie es gut zu machen wäre, das weiss Nietzsche auch nicht.

Würden die Jugendschriften einem sachverständigen Arzte vorgelegt, der von dem Späteren nichts wüsste, so würde er sagen: Der Verfasser ist nicht nur ein geistreicher, sonder auch ein sehr nervöser Mann, aber von Geisteskrankheit im gewöhnlichen Sinne ist nichts darin, und nichts lässt auf spätere Geisteskrankheit schliessen.

Als dasAllzumenschliche erschien, erregte es bei Allen fast nur Befremdung, Bestürzung, und Man­che sprachen ohne Weiteres von Geisteskrankheit des Verfassers. Ein sehr scharfes Urtheil der Frau Cosima Wagner wird in der Biographie mitgetheilt, aber sie war persönlich betroffen. Ich wähle wieder Ribbecks