Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
Seite
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II. Die Krankheit.

schwer zu sagen ist, inwieweit in Nietzsches Falle das Mittel den Geisteszustand beeinflusst habe. Dass

formen kommen vor, die sich mit Prostration, Kräfteverfall, ka­chektischem Aussehen, Nahrungsverweigerung und Selbstmord­ideen vergesellschaften. Die Stimmung solcher Menschen wird immer trüber und sie werden menschenscheu. Die Selbstmord­ideen treiben zum Versuch. Ein solcher kommt vielleicht häu­figer vor, als er der Ursache nach erkannt war. Er ist direct dem Chloralhydrat als Schuld züzuschreiben, das die verkehrte Geistesrichtung schafft, Ein Chloralist suchte sich durch eine übermässige Chloraldosis zu tödten. Er wurde von den acuten Symptomen wieder hergestellt, wurde aber dann schwachsinnig. Von motorischen Störungen kommen vor: Zittern der Hände und des Kopfes, ataktisches Gehen und epileptoide Krämpfe mit oder ohne geistige Zerrüttung.

Lewins Mittheilungen sind wohl hauptsächlich aus den literarischen Mittheilungen herausgezogen, in denen über nach­weisbare Schädigungen durch Chloralhydrat berichtet wird. Die Fälle, in denen nichts zu beobachten ist, werden aber nicht be­schrieben.

Am Zzuverlässigsten dürfte der Bericht sein, der über eine Sammelforschung der Londoner Aerzte erstattet worden ist (Transactions of the clinical Society of London, XIII, p. 117, 1880). Von mehr als 1000 Fragebogen waren siebenzig beant­wortet worden. Von siebenzig Aerzten hatten neunundzwanzig keinen Schaden trotz langen Chloralgebrauchs beobachtet(z. B. Curgenoen: 1 g jeden Abend, sieben bis acht Jahre lang; Chal­decott: 1,2 g jeden Abend, sieben bis acht Jahre lang; Theodor Williams: 1,52 g jeden Abend, einundzwanzig Monate lang; Clifford Allbutt: ca. 1,5 g jeden Abend, drei Jahre lang; Buzzard: 2 g täglich, acht Jahre lang). Die anderen einundvierzig Aerzte hatten in einzelnen Fällen Störungen beobachtet, darunter Per­versität des moralischen Gefühls, epileptiforme Anfälle, grosse geistige Schwäche, Nervosität, Delirien, Ataxie, Taubheit des Ge­fühls, brennende Empfindungen, acute Manie, Schläfrigkeit, Schlaf­losigkeit, Ruhelosigkeit und Geschwätzigkeit, allgemeinen Körper­Verfall.