Teil eines Werkes 
Bd. 5 (1904) Nietzsche : mit einem Titelbilde / von P. J. Möbius
Entstehung
Seite
118
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II. Die Krankheit.

triebenen: alles wie sonst. Kurz, in den Lehrgedanken des Zarathustra steckt die Eigenart des Buches nicht. Auch wir, die wir nach dem Pathologischen suchen, können in der Hauptsache von jenen absehen. Bleibt also das Poetische, die Einkleidung, d. h. einmal Worte, Wendungen, Bilder, zum andern die dem Zarathustra zugeschriebenen Thaten und Erlebnisse. Wie ich schon sagte, ist das erste Werk der progressiven Paralyse die Aufhebung von Hemmungen. Man hat zuerst an Verminderung dessen zu denken, was Zartgefühl, Tact, Geschmack genannt wird, weiterhin an Verminderung der Vorsicht, der Bescheidenheit, der Scham. Bei Die­sem fällt manches schon auf, was bei Jenem unbedenk­lich ist. Bei Nietzsche bestanden von vornherein eine Neigung zum Crassen, Brutalen im Ausdrucke, zu ge­wissen Geschmacklosigkeiten, ein gesteigertes Selbst­gefühl. Wir werden daher nur das sehr Anstössige als Beleg des Pathologischen brauchen können. Ich beginne mit dem sprachlichen Ausdrucke. Vielleicht am deutlichsten ist die krankhafte Geschmacklosigkeit bei gewissen Bildern. Auf p. 155 heisst es:Oh, ihr erst[ihr Dunklen] trinkt euch Milch und Labsal aus des Lichtes Eutern! Nietzsche vergleicht also das Licht mit einer Kuh: ekelhaft und sinnlos. Nicht ganz so widerwärtig ist derWeinstock mit schwellenden Eutern(p. 325).Allem Ekel gelobte ich einst zu ent­sagen: da verwandeltet ihr[die Feinde] meine Nahen und Nächsten in Eiterbeulen(p. 162). Also Freunde oder Verwandte werden mit Abscessen verglichen. Am Meere will sie[die Sonne] saugen und seine