II. Die Krankheit.
und andererseits eine nach Quantität und Qualität erstaunliche Geistesthätigkeit. Bei dem„Jenseits“ ist es recht leicht, die Schwächen und Schäden des Buches zu erkennen, aber ich meine, dass Die, die nur sie sehen und es schlechthin verurtheilen, ebenso Unrecht haben, wie Die, die Nietzsche als den Kaiser der Philosophie auf den Thron setzen möchten. Im Jahre 1901 ist ein Buch‘) erschienen, in dem dem „Jenseits“ übel mitgespielt wird, eine Kritik, die sozusagen keinen guten Faden an ihm lässt. Der Verfasser, ein Herbartianer, dessen psychiatrische Kenntnisse aus veralteten Büchern stammen, hat im Einzelnen nicht Unrecht, aber er übersieht doch ganz, dass wirklich brauchbare Gedankenreihen im„Jenseits“ stecken. Was er von Nietzsches Originalitätsucht und Selbstüberhebung, von seiner Unfähigkeit, bestimmte Begriffe festzuhalten, von der Eilfertigkeit seines Denkens, die durch Hasten, Häufen, Ueberspringen zur Gedankenflucht werde, von dem Mangel an Zusammenhang, von der bis zur Perversität gehenden Liebhaberei an Bizarrem, vermöge deren Nietzsche alles entstellt, verdreht, verhöhnt, beschmutzt, von Nietzsches Angst, Verzweiflung und damit wechselnder krankhafter Lustigkeit sagt; das alles ist in der Hauptsache richtig, aber es ist einseitig. Man sollte das zwischen dem Unkraute stehende Getreide nicht übersehen. Meiner Auffassung nach will der Nietzsche der späteren Zeit dasselbe wie
'). Nietzsche, eine psychiatrisch-philosophische Untersuchung von Wilhelm Schacht. Bern 1901. 8° 161 pp.