2. Die Entwickelung der progressiven Paralyse.
steigenden Lebens messen und jenem allein Werth beilegen, als ob bei Mensch und Volk die Vorzüge des späteren Lebens gar nichts werth wären, als ob nach der überschäumenden Jugend sofort die Dementia senilis käme. Sein Rationalismus stellte jederzeit der biologischen Auffassung ein Bein: Wie der Zarathustra, statt gesunde Kinder zu erzeugen, unfruchtbare Reden über den Uebermenschen hält, so glaubte Nietzsche immer wieder, dass alles auf Erziehung und Rederei ankomme, statt auf Zucht und Handeln.
Ein anderes Beispiel von Nietzsches Scharfsinn ist seine Einsicht in die aristokratische Art der Natur und seine Bekämpfung der Gleichmacherei. Aber schon in den relativ gesunden Tagen liess ihn sein Hochmuth über das Ziel hinaus schiessen. Statt jeder Leistung den ihr zukommenden Werth zuzuerkennen und die Vollkommenheit in der Ausfüllung aller Stufen zu sehen, sollten nur gewisse Spitzen etwas gelten. Im „Jenseits“ ist der Hochmuth zur Grossmannsucht geworden und: vornehm, nur vornehm, ist die Parole,
Aus der Alleinbewerthung der Stärke und der Jugend einerseits, aus dem in Wirklichkeit ganz und gar nicht vornehmen Hochmuthe andererseits, ist die „Herrenmoral“ erwachsen. So, wie Nietzsche von ihr und von dem Sklavenaufstande redet, handelt es sich natürlich um eine Schrulle, aber dem Ueberspannten und Verkehrten ist doch auch hier viel Wahres beigemischt. Die Gegensätze zwischen den Idealen des Christen, des Buddhisten, des Philosophen hier und denen des Kriegers, des Aristokraten dort sind wirklich