II. Die Krankheit.
da, und die Figur des Ritters, der sich ernstlich für einen vollkommenen Christen hält und doch den Anderen ohne Bedenken um der Ehre willen todtschlägt, wenn der ihm etwa einen Klaps gegeben hat, ist thatsächlich eine der wunderlichsten Erscheinungen. Die Auffassung der jetzt lebenden Menschen ist zweifellos ein Knäuel, in dem Nietzsches Herren-Moral und seine Sklaven-Moral durch einander gewirrt sind. Es ist immerhin ein Verdienst Nietzsches, auf diese Dinge und andere verwandter Art nachdrücklich hingewiesen zu haben, und es ist nur zu bedauern, dass sein Geisteszustand ihm nicht gestattete, den überaus schwierigen Gegenstand zu bewältigen. Ob ihm sein Unternehmen ohne die Gehirnkrankheit gelungen wäre, das muss dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall sind die Probleme, um die es sich hier handelt, harte Nüsse, an denen sich auch Gesunde die Zähne ausbeissen können. Auch in Nietzsches Psychologie stecken hoffnungsvolle Keime. Seine Lehre, dass das Ich„ein Gesellschaftsbau vieler Seelen“ sei, ist zwar im Grunde nicht neu, und ich weiss nicht, ob er von selbst auf sie gekommen ist, aber sie ist wahr. Wäre es ihm gelungen, über die Triebe und Instincte, von denen er so oft spricht, ins Klare zu kommen und statt abgerissener Bemerkungen eine zusammenhängende Begründung zu geben, so wäre er ein grosser Förderer der Psychologie geworden. Offenbar schwebte ihm eine der Gall’schen verwandte Auffassung vor, und vielleicht ahnte er, dass eine solche allein die Moralprobleme, die ihn beschäftigten, lösen kann. Freilich