2. Die Entwickelung der progressiven Paralyse.
an Brandes schreibt, in Sils-Maria„zwischen dem 10. und 30. Juni 1887 beschlossen, durchgeführt und druckfertig an die Leipziger Druckerei geschickt.“ Der Druck begann Anfang August. Der„Nachbericht“ sagt noch: „Anfälle seines Leidens hinderten Nietzsche, die Abschrift des Manuscripts der dritten Abtheilung vor Ende August abzuschliessen.“ Die Abhandlung füllt fast 200 Druckseiten, also wieder das starke Tempo! Zwar muss man Nietzsches Worte nicht wörtlich nehmen, denn wahrscheinlich ist das ganze erste Halbjahr 1887 den Vorarbeiten gewidmet worden, trotzdem ist die endgültige Abfassung ein gutes Stück Arbeit. Bei näherer Betrachtung sieht man mit Erstaunen, wie an Stelle des wüsten Aphorismen-Wesens eine ziemlich zusammenhängende Darstellung getreten ist. Schon die Vorrede fällt durch ihren relativ ruhigen Charakter auf(wenn auch der erste Absatz befremdet, der gar nicht recht zum Uebrigen passt). Nietzsche sucht hier zu zeigen, wie sich seine Gedanken über die moralischen Vorurtheile bei ihm allmählich entwickelt haben, er verweist auf Stellen seiner älteren Schriften, er erwähnt(verdreht wohl auch) seine Beziehungen zu Ree, erklärt ganz richtig, dass die Bestreitung der Lehre Schopenhauers vom Werthe des Mitleides die Hauptsache bei seinem Denken gewesen sei, und dass er mit der Zeit dazu gekommen sei, an die Stelle des Guten das Starke zu setzen, dass er dann den Wunsch gehabt habe, das Historische der Sache zu erkennen, und dass er freilich dabei eigentlich Unterstützung nöthig gehabt hätte. Alles geht, abgesehen von ein