II. Die Krankheit.
wie es jener Brief war, verzeihen. Ich verliere mich mitunter ganz aus der Gewalt; ich bin dann beinahe die Beute der düstersten Entschliessungen. Leide ich etwa an der Galle? Ich habe jahraus, jahrein zu viel Schlimmes hinunterschlucken müssen und sehe mich, rückwärts blickend, vergebens nach auch nur einem guten Erlebniss um. Das hat eine ganz und gar lächerliche und erbärmliche Verwundbarkeit schliesslich hervorgebracht, dank der beinahe Alles, was von aussen an mich herankommt, mich krank macht und das Kleinste zum Unthier anwächst. Eine unerträgliche Spannung liegt auf mir, Tag und Nacht, hervorgebracht durch die Aufgabe, die mir gestellt ist, und die absolute Ungunst aller sonstigen Verhältnisse zur Lösung einer solchen Aufgabe: hier steckt jedenfalls die Hauptnoth. Das Gefühl, allein zu sein, der Mangel an Liebe, die allgemeine Undankbarkeit und selbst Schnödigkeit gegen mich.. Aber ich will in dieser Tonart nicht fortfahren. Die Gegenrechnung ist, dass Dein Bruder ein tapferes Thier ist, dass er Erstaunliches auch wieder in dem letzten Jahre durchgesetzt hat: aber warum muss jede meiner Thaten hinterdrein zur Niederlage werden? Warum fehlt mir jeder Zuspruch, jede tiefe Theilnahme, jede herzliche Verehrung? Meine Gesundheit hat sich unter der Gunst eines ausserordentlich schönen Winters, guter Nahrung und starken Spazierengehens gut aufrecht erhalten. Nichts ist krank, nur die liebe Seele. Auch will ich nicht verschweigen, dass der Winter an geistigem Gewinn für meine Hauptsache sehr reich gewesen ist: also auch der Geist ist nicht krank, nichts