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Die Landgemeinde in Preußen / von Moritz von Lavegne-Peguilhen
Seite
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108 Rechts- und Polizeiverfaſſung.

Deshalb iſt es zugleich wünſchenswerth, daß auch die Privat- und Strafrechtspflege den Gemeindeorganen nicht ganz entzogen werde.

Aber bisher iſt noch gar nicht der Verſuch gewagt wor den, die Polizei: und Rechtsverfaſſung der Landgemeinden mit der neueren Agrargeſetzgebung in Einklang zu bringen. Noch immer bildet die grundherrliche Juſtiz⸗ und Polizei­gerichtsbarkeit die Grundlage der preußiſchen Verwaltungs organiſation. Die erſtere giebt den Beſitzern gewiſſer, mit dieſem Privilegium belehnten Grundſtücke das Recht, die Juſtiz innerhalb ihres Bezirks bei nachgewieſener Quali fikation perſönlich, oder durch einen perſönlich zu ernen­nenden qualifizirten Beamten verwalten zu laſſen und die Gerichtsſporteln zu erheben, legt ihnen aber zugleich die Pflicht auf, die Koſten der Gerichtsbarkeit, ſoweit fie durch Spor teln nicht gedeckt werden können, aus eignen Mitteln zu be ſtreiten. Die Polizeigerichtsbarkeit, welche mit der Juſtiz­gerichtsbarkeit gewöhnlich verbunden iſt, giebt den Inhabern zugleich das Recht, Lokalpolizeigeſetze, welche aber den Lan desgeſetzen nicht entgegen fein dürfen, zu erlaſſen, und de ren Aufrechterhaltung perſönlich oder durch eigne Beamte zu bewirken.

Jedoch iſt eigentlich nur das mittelalterliche Gerüſte der Juſtiz? und Polizeiverwaltung beibehalten worden; deſſen Functionen und inneres Weſen hatten ſchon durch Ausbil dung des monarchiſchen Prinzips und durch Einführung des römiſchen Rechts weſentliche Umgeſtaltungen erlitten; ſie ſind durch Auflöſung der Feudalbande und durch Einfüh­rung der Geldwirthſchaftsform zu einem todten, unbrauch­baren Mechanismus herabgeſunken. Die grundherrliche Gerichtspflege iſt bis auf den Namen und den Koſtenpunkt eine königliche geworden. Die Dorfgerichte find ganz auf­gehoben, und man hat deren wichtige Functionen, nament­lich die Leitung der Vormundſchaften, Beſtrafung kleiner Vergehen und Verbrechen, der Injurien, des kleinen Dieb­ſtahls ic, dem ordentlichen Richter zugewieſen. Der Poli­