VI.
Gemeindeordnung.
Durch die ganze Weltgeſchichte bekundet ſich das Ge— ſetz, daß, wo die Sklavenbande gelockert und in die mildere Hörigkeitsform umgeſtaltet, d. h. wo der Uebergang von der Zwangs⸗ zur Antheilswirthſchaft bewerkſtelligt worden, die fo frei gewordenen Kräfte ſich wiederum zur Wahrnehmung der gemeinſamen Intereſſen vereint haben. So entſtanden die einem Feudalſtaat angehörigen Stadt- und Landgemeinden, die zwar in allen Angelegenheiten, in denen ſie mit dem Grundherrn nicht collidirten, das Recht der Selbſtregierung hatten; in denen aber der Grundherr die Gerichtsbarkeit ausübte, und die Gemeindeoberbeamten ernannte oder doch beſtätigte. Es waren die erſten Schritte zum Uebergange von der Aſſociation zur Cooperation*), von der ariſtokratiſchen zur demokratiſchen Vereinsform gethan.
Mit der Auflöſung der Hörigkeitsbande, mit der Herſtellung einer vollkommnen Freiheit des Eigenthums und der Perſonen, geſtaltet ſich überall auch die Gemeinde zu einem freien und ſelbſtſtändigen Daſein. Des oberherrlichen Schutzes entbehrend, werden die bisher offnen Städte mit Mauern umſchloſſen, es werden Gemeindehäuſer und Gefängniſſe erbaut, als Wahrzeichen der nunmehr erlangten Verwaltungsfreiheit und Gerichtsbarkeit ꝛc. So iſt der Gang der ſocialen Entwickelung durch alle Stadien der Geſchichte und bei allen bekannten Völkern der Erde). Der Uebergang von
) Vergl. meine Geſellſchaftswiſſenſchaft Th. 2. 8. 70.71.
*) Vergl. Granier v. Caſſagnac, Geſchichte 2c. Cap. 5.