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daß an verſchiedenen Univerſitäten, Paris, Salamanka, Oxford, Bologna, Lehrſtühle für Hebräiſch, Chaldäiſch und andere Hilfswiſſenſchaften des Talmud errichtet würden, damit eine Ueberſetzung möglich ſei. In Deutſchland ſuchte zur Zeit Kaiſer Maximilians ein jüdiſcher Schächter und Wucherer von zweideutigem Rufe, Namens P efferkorn, der, nachdem er einen Diebſtahl begangen, ſich, um der gerechten Strafe zu entgehen, taufen ließ, die Verbrennung des Talmud herbeizuführen. Er bot den Kölner Dominikanern ſeine Dienſte an und erwirkte ſich mit Hülfe der ſchwermüthigen Schweſter des Kaiſers, Namens Kunigunde, in der That das Mandat, die Schriften der Juden„zu nehmen und zu unter drücken“. Darüber entſpann ſich aber bald ein Streit von ſo großartigen Dimenſionen, daß der Talmud quasi ein Schibbolet aller Freunde des Lichts, eine Culturfrage in des Wortes edelſter Bedeutung wurde, es entſtand wegen des Talmuds ein Kampf, deſſen große Errungenſchaft die Reformation iſt. Pfefferkorn wandte ſich nämlich an den Huma niſten Reuchlin, damit er ihn in ſeinem Vorhaben unterſtütze und dem Ganzen ein wiſſenſchaftliches Gepräge gäbe. Dieſer wies ihn indeß rund weg ab, bemerkte u. A, Pfefferkorns Geſicht gefalle ihm nicht. Der Kaiſer nahm ſein Edikt zurück, wurde aber von den Dunkelmännern ſo beſtürmt, daß er 1510 eine Commiſſion ſachverſtändiger Männer von den Univerſitäten Heidelberg, Köln, Mainz, Erfurt einſetzte, um die Sache zu prüfen. Reuchlin verfaßte eine Schrift ‚Rathſchlag, ob man den Juden alle ihre Bücher nehmen und verbrennen ſoll“, worin er es als Vandalismus bezeichnet, wenn man eine ganze Literatur vernichten will. Mit der Verbrennung ebräiſcher Schriften würde man auch der chriſtlichen Theologie ſchaden. Sehr zeitgemäß ſind noch jetzt ſeine diesbezüglichen Aeußerungen: „Nur ein Bacchantenargument iſt's, mit Fäuſten drein zu ſchlagen, wo das Wort nicht ausreicht“,„die Juden ſind unſere Mitbürger im deutſch-römiſchen Reiche, die mit uns in einem Bürgerrecht und Burgfrieden ſitzen.“ Pfefferkorn verdächtigte ihn, ſein Urtheil ſei eine Folge der Beſtechung ſeitens der Juden, ein bekanntlich plumpes Mittel der Obſcuranten aller Zeiten. Hat man doch nicht verſchmäht, dieſelbe Lüge von Leſſing und in allerneueſter Zeit ſogar von— Mommſen in Umlauf zu ſetzen. Hierauf verfaßte Reuchlin eine Schrift:„Der Augenſpiegel“, welcher die Dunkelmänner ſo in Harniſch jagte, daß ſie in einer dem Kaiſer gewidmeten Schrift ſeinen Charakter aufs Schmählichſte angriffen und u. A. ſchrieben:„Ein ungeheures Verbrechen iſt begangen, die Mächte der Unterwelt freuen ſich und