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Der Talmud vom Standpunkte des modernen Judenthums / von Emanuel Schreiber
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hinwiederum lächerlich, zu behaupten, daß alle Stellen der Hagada werth­voll und ſchön ſeien, ebenſowenig wie dies mit der patriſtiſchen Literatur der Fall iſt, weshalb ſo manche in neuerer Zeit erſchienene Blumenleſen uns nicht befriedigen, eben, weil ſie Manches einem größeren Publikum zugänglich machen, was beſſer der Vergeſſenheit anheimfiele. Was Herder vor gerade 100 Jahren nach dieſer Richtung ſagteSehr lieb wäre mir's, wenn ich einen Weiſen, einen Gelehrten der Nation) ſelbſt veranlaßte, die Perlen aus dem Grunde des Meeres, die Goldkörner aus dem ſchlechten Staube hervorzuziehen(Deutſcher Merkur 1781) hat noch jetzt feine Berechtigung, wenn dieſem Wunſche auch ſchon vielfach ent­ſprochen iſt.

Wir würden das uns geſteckte Ziel bei Weitem überſchreiten, wollten wir das ganze reiche Gebiet der Aggada hier vorführen. Weil aber gerade in neueſter Zeit einerſeits die Allegorie des Talmud den Spott und die Ethik deſſelben heftige Invektiven erfahren, ſo wollen wir dem größeren, nicht dem Gelehrtenſtande angehörigen, Publikum über dieſe Seiten der Hagada Näheres mittheilen.

5. Allegorien.

Während Rabbi Meir als Gleichnißerzähler iſt Rabbi bar bar Chana als Märchendichter und Allegoriſt berühmt. Hier einige Allegorien.

1)Einſt, ſo erzählt er, war ich mit Mehreren zu Schiffe und da ſah ich einen Vogel, der bis zu den Knöcheln im Waſſer ſtand, deſſen Haupt aber bis an den Himmel reichte. Da ſprachen Alle: Kommt, wir wollen hinein, uns ein wenig kühlen, da hier das Waſſer ſo ſeicht zu ſein ſcheint. Plötzlich hörten ſie eine Stimme, die rief: Gehet nicht hinein, denn vor ſieben Jahren iſt eine Axt hinein gefallen und hat bis zur Stunde noch immer den Boden nicht erreicht und nicht etwa deshalb, weil das Waſſer ſo tief und unergründlich, ſondern weil die Fluth ſo reißend iſt.

Dieſe Allegorie will offenbar einen tiefethiſchen Gedanken dunkel an­deuten. Dieſer Vogel zwiſchen Himmel und Erden das iſt der Menſch, deſſen Leben gleich dem Vogel raſch dahinfliegt, bis an die Knöchel reicht

*) Richtiger wäre der AusdruckConfeſſion.