multis führen wir folgenden Beweis für unſere Behauptung an. Auf Napoleon L, Frage an das aus meiſt orthodoxen Rabbinern zuſammengeſetzt geweſene Sanhedrin in Paris(1806), ob Miſcheh en zwiſchen Juden und Chriſten geſtattet ſeien, antwortete dieſes:„Das Verbot iſt nur auf abgöttiſche Völker anwendbar. Der Talmud erklärt nämlich, daß die neueren Völker(alſo Chriſten) nicht als ſolche zu betrachten ſeien, denn wie wir, beten auch ſie, den Gott des Himmels und der Erde an. Die Rabbiner find darin einverſtanden, daß der Jude, welcher eine Chriſtin ehelicht, deshalb in den Augen ſeiner Glaubensgenoſſen nicht minder Jude ſei, als wenn er eine blos bürgerliche Ehe mit einer Jüdin geſchloſſen hätte“(Bran: Aktenſtücke über die Verbeſſerung der Juden in Frankreich, Hamburg 1807). Dieſe Antwort dürften ſich auch ſo manche liberaliſirende Rabbiner, welche mit dem einer beſſeren Sache würdigen Eifer gegen Miſchehe zetern und rumoren(z. B. der Magdeburger Rabbiner Rah mer und Conſorten) geſagt ſein laſſen.
Anderſeits finden wir wieder die herrlichſten, ſittlichſten Ausſprüche und Sentenzen im Talmud, von denen wir eine reiche Probe geben werden. So iſt er nun einmal dieſer Talmud, bald nobel, human, duldſam, geweckt, heiter, bald fanatiſch, unduldſam, kleinlich, peinlich, ſpröde. Deshalb iſt der einzig richtige Standpunkt, den Talmud als Vergangenheit, als Antike, aber nur nicht als Norm, als Autorität für's Leben hochzuachten. Non vitae sed scholae.— Es iſt gewiß wahr und richtig, daß Rohling den Eiſenmenger, welcher eine Gift⸗Pflanzenſammlung aus dem Talmud anlegte, abgeſchrieben, hingegen alle ſchönen, guten Stellen ignorirt, und manche Ausſprüche theils falſch zitirt, theils ſogar fabrizirt hat, dennoch bleibt leider ſelbſt nach Abzug all dieſer Citate noch genug und zuviel, was für unſere Zeit und Lage nicht paßt.—
„Talmud“ wörtlich heißt weiter Nichts als„Lehre“ Er gliedert ſich in zwei große Theile„Miſchna“ und„Gmara“. Erſtere ſoll gewiſſermaßen eine Erklärung und Erweiterung des moſaiſchen Geſetzes, eine weite Religionsquelle“ fein und verhält ſich zum Pentateuch etwa wie im Islam die Sunna zum Koran. Sie iſt das Werk der paläſtinenſiſchen Schriftgelehrten(Tannaim) und entſtand in einer Zeit der folgenſchwerſten Umgeſtaltungen im jüdiſchen Staatsleben.(Zerſtörung des Tempels durch Titus, Aufſtand des Bar-Kosiha— Kochba— unter Hadrian, 133 n. Chr.). Da man die Hoffnung auf Wiedererlangung des nationalen Staates nicht aufgab, ſo wurden die Geſetze für paläſtinenſiſche Verhältniſſe