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dies? Das moſaiſche Verbot, am Sabbath keine ſchwere Arbeit zu ver— richten, keine Laſten zu tragen u. ſ. w. wird dahin ausgedehnt, daß man auch kein Taſchentuch am Sabbath in der Taſche trage, und iſt daher das Auskunftsmittel ausgetüftelt, daß man ſelbiges Taſchentuch um den werthen Leib oder um die Hand binde, damit der liebe Herrgott zu dem Glauben verleitet würde, es ſei gar kein Taſchentuch, ſondern blos ein— Gürtel oder ein— Handſchuh. So wird der Naſe zu Liebe dem lieben Herr— gott von vielen unſerer Orthodoxen noch heute eine Naſe gedreht. Man ſoll ferner nach moſaiſchen Geſetzen nicht weiter als 2000 Ellen von ſeiuem Hanſe aus gehen. Der Talmud giebt folgenden Rath zur Umgehung des Geſetzes. Man verberge am Ende der 2000 Ellen etwas Brod und Wein, dann kann man ruhig weitere 2000 Ellen gehen. Denn wo man ſein Brod hat, da wohnt man, wo man wohnt, da hat man ſein Haus, von ſeinem Hauſe darf man aber 2000 Ellen gehen. Am Sabbath darf man ferner nicht bauen. Und dies mit Recht, denn Bauen iſt gewiß mit ſo manchen ſchweren Arbeiten verknüpft. Der Talmud aber hat herausgegattert, daß man aus eben dieſem Grunde anch keinen Regen- oder Sonnenſchirm am Sabbath benutzen dürfe. Denn, wenn ich den Regen— oder Sonnenſchirm öffne, habe ich— man höre und ſtaune— ein Zelt ge— baut und Bauen am Sabbath iſt eben— verboten. Quod erat demonstrandum. Es wird alles Ernſtes die Frage ventilirt, ob man einen breit— krämpigen Hut am Sabbath tragen dürfe, ob nicht ein Hut mit zu breiten Krämpen als Zeltdach zu betrachten ſei. Ebenſo wird mit einer beſſeren Sache würdigem Scharfſinn darüber debattirt, ob, wenn Jemand das himmelſchreiende Verbrechen begangen, am Sabbath auf einen Baum zu ſteigen, beſagter Sünder wieder herunterſteigen dürfe, und die weiſe Ent— ſcheidung lautet: Wenn Culpat mit Bedacht hinaufgeſtiegen, ſo muß er bis Sabbathausgang, gleichviel ob es regnet oder blitzt, auf dem Baume verharren(Erubin 100a), wo er gemächlich über die Weisheit und Zeit— gemäßheit der talmudiſchen Dialektik nach Belieben nachdenken kann. Nach moſaiſchen Geſetze ſollen am Sabbath von einem Gebiete in's andere keine Laſten getragen werden. Daraus deduzirt der Talmud, aber im Hauſe ſelbſt iſt es geſtattet. Somit kann ein Jude nach talmudiſcher Logik in dem größten Fabrikgebäude die ſchwerſten Laſten tragen, ohne den Sabbath damit zu verletzen. Ja, durch einen fingirten Kauf kann das Gebiet eines ganzen Ortes— wozu bei Dörfern noch fingirte Mauern kommen— zu dem eines Einzelnen gemacht und ſo Laſten tragen am Sabbath überhaupt erlaubt werden. Das Geſetz Moſis, daß auch der