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überhand nehmen, mehren ſich die falſchen Zeugen. 169) Der Schlaf iſt "so des Todes. 170) Fürchte nicht die Sadduzäer, fürchte nicht die Phariſäer, fürchte aber die Gefärbten, die Heuchler, welche Vöſes thun gleich Simri und Lohn verlangen gleich Pinehas. 171) Mancher gewinnt die Seligkeit in einer einzigen Stunde, d. h. eine einzige gute That kann uns unſterblich machen. 172) Der Menſch wurde deshalb zuletzt geſchaffen, damit er nicht adelsſtolz ſei, und ſich erinnere, daß die Mücke einen ältern Stammbaum habe. 173) Die Jugendſünden verfinſtern des Menſchen Antlitz im Alter. 174!) Folgende Bruchſtücke von Leichenreden find nicht ohne Intereſſe: Viele haben aus dieſem Kelch getrunken, Viele werden noch trinken, das Mahl der Späteren gleicht dem der Früheren, der Herr der Tröſtungen tröſte uns. Ein Andrer predigte: Nicht die Verſtorbenen, ſondern die Zurückbleibenden beweinet, denn erſtere erwartet Ruhe, letztere erwartet Trauer. Beim Tode eines Gelehrten predigte ein Weiſer: Wenn das Feuer die ſchlanke Ceder ergriffen, wie wird es dem Yſop an der Mauer ergehen, wenn der Leviathan mit der Angel gefangen wird, was ſollen die Fiſchlein im Schlamme beginnen, wenn in den mächtigen Strom die Angel ſchlug, was ſollen die Waſſer der Bächlein beginnen? 175) Man ſpreche nicht zu viel von den Vorzügen eines Anderen, weil dadurch leicht auf ſeine Fehler die Rede kommt. 176) Nimm die Wahrheit an von Jedem, der ſie ſagt. 177) Wer nicht arbeitet, ſoll auch nicht eſſen. 178) Man bete nicht von einem erhöhten Standorte aus d. h. nicht im Vollgefühle ſeiner Verdienſte oder mit Stolz auf ſeine Frömmigkeit, ſondern voll Demuth bete man. 179) Wie Mancher zerſtört ſein eigen Haus, um ſein Rachegefühl zu befriedigen. 180) Wohne nicht in der Nachbarſchaft eines unwiſſenden Ueberfrommen. 181) Man beurtheile einen Menſchen nach ſeinem gegenwärtigen Betragen, denn wollte man Jedem auch ſeine vergangenen Fehler nachrechnen, wer käme gut weg? 182) Beim Heirathen iſt auf gute Familie zu ſehen. 183) Wer auf Wucher leiht, deſſen Vermögen ſchwindet. 184) Jeder Vogel weilt bei ſeiner Gattung, ſo jeder Menſch bei Seinesgleichen. 185) Gebet ohne Andacht iſt wie Körper ohne Seele. 186) Beſſer wenig mit, als viel ohne Andacht. 187) Hat einmal der Zerſtörer Macht er— halten, fo macht er zwiſchen Guten und Böſen keinen Unterſchied, d. h. gefährlich iſts, an die ſchlechten Leidenſchaften zu appelliren. Welch ein Wink für gewiſſe„fromme“ Geiſtliche unſerer Zeit— 188) Ein Talmud— lehrer inmitten einer Hochzeitsmahlzeit aufgefordert, etwas zu fingen, begann: Weh uns wir müſſen ſterben, weh' uns wir müſſen ſterben. In