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Der Talmud vom Standpunkte des modernen Judenthums / von Emanuel Schreiber
Entstehung
Seite
38
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38 des Talmud mit der Moral der Evangelien zu vergleichen und das Uebrige dem geſchätzten Leſer zu überlaſſen.

Zu den Perlen der chriſtlichen Ethik gehört unſtreitig die Berg predigt. Sehen wir, ob die Sittenlehren der Rabbinen den Vergleich damit aushalten.

Matth. 5, 3 leſen wirSelig ſind die Armen im Geiſte ꝛc. Daß darunter nicht die Dummen und Beſchränkten verſtanden ſind, iſt wohl klar, denn ſonſt würde Jeſus ſich ſelbſt die Seligkeit abgeſprochen haben. Auch können Geburtsfehler unmöglich ein Kriterium der Seligkeit abgeben, es ſind alſo wohl diejenigen gemeint, welche ſich in ihre Armuth willig ſchicken oder, die ihren Reichthum nur als Mittel betrachten, um edle und ideale Zwecke zu fördern. Aehnliche Stellen finden ſich unzählige im TalmudDie Armuth ziert Israel(Taanit 3).Der Meſſias kommt nicht eher, als bis die Welt entblößt von Reichthum iſt(Sanh. 97), bis das Reich des Materialismus in Trümmer geht, und der Idealismus auf den Thron erhoben wird.Hätte Israel nicht Silber und Gold in Fülle gehabt, dann hätte es kein goldenes Kalb gemacht(Berachot 32). Achtet auf die Kinder der Armen, von ihnen wird die Wiſſenſchaft zu Ehren gebracht(Nedarim 81).Arm iſt nur der Ge iſtes arme(Ne­darim 41).

Matth. 5, 4Selig ſind, die da Leid tragen ꝛc., Leiden find Liebes: boten zu unſerer Beſſerung(Sanh. 101).Wie Salz das Fleiſch vor Fäulniß ſchützt, ſo ſind Leiden ein Schutzmittel vor ſittlicher Verderbtheit Berach. 5).Leiden ſind die Opfer, welche Sühne bringen(Jalkut Job). In der Trauer ſchweigt die Leidenſchaft, erkennen wir unſere Schwächen KGidduſchin 80), Matth. 5, 5.Selig ſind die Sanftmüthigen 20.Die Krone aller Tugenden iſt die Sanftmuth(Aboda Sara 2).Nicht die hohen Berge, ſondern den kleinſten Berg Sinai hat Gott ſich zur Offen­barung erkoren(Sota 8).Nur der Sanftmüthige iſt der Seligkeit theil­haftig(Sanh. 88).Wer ſich ſelbſt erniedrigt wird erhöht(Erubin 17). Selbſtüberhebung iſt ein Zeichen geiſtiger Leere idduſchin 49).Weil Moſes der beſcheidenſte war, hat ihn Gott zu ſeinem Diener erwählt Schabb. 89).Die Demüthigen ſind Gott lieber als die Engel(Otiot

Y Hierbei ſei bemerkt, daß wir nur wenige Stellen bringen, wir könnten ſie bedeutend vervielfältigen, und verweiſen diejenigen, welche ſich für den Gegenſtand intereſſiren, auf unſerePrinzipien des Judenthums, wo von Seite 153 bis 251 rabbiniſche Parallelſtellen zur Bergpredigt angeführt werden.