Heft 
(1955) 4
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jungen Männer wetteiferten mit ihnen, denn Groß-Breese hatte um diese Zeit einen ansehnlichen Männergesangverein.

Aber je dunkler es wurde, um so mehr Zweigespanne zweigten auf Seiten­wegen ab.

Manche schöne Erinnerung stammt aus solcher Jugendliebe, aber auch so manche glückliche Ehe wurde hier angebahnt.

Erst war er hinter ihr her, dann gingen sie zusammen, und dann fand die Verlobung statt.

Vorher hatten beide Elternpaare die Zukunft der jungen Leute genau fest­gelegt, wann dem Bräutigamm der Hof verschrieben wurde und was für eineMitgift die Braut bekäme.

Und endlich, nach einer Brautzeit, die reichlich gefüllt war mit Besuchen bei Verwandten, deren Verwandtschaftsgrad mit einem Zentner Erbsen nicht zusammenzutrudeln ist, wie der Volksmund sagt, und deren Gegen­besuch, wurde die Hochzeit zugeschnitten.

Beide Elternpaare setzen sich zusammen und stellten eine lange Liste der beiderseitigen Verwandten, Nachbarn und Freunde auf, die eingeladen werden sollen. Aus dem Dorf wird sowieso jeder eingeladen. Bei der Fest­legung des Hochzeitstages wurde streng darauf geachtet, daß das Fest bei zunehmendem Mond stattfand, damit sich das Gut mehre. Auch durfte es nicht der Hochzeitstag der Eltern sein, sonst hatte das junge Paar kein Glück. Auch bei der Auswahl derKöstenbitter undBrutdeerns wurde große Sorgfalt angewandt. Der nächsten Verwandtschaft stand diese Ehre zu. Wo Bruder oder Schwester fehlte, mußte Base oder Vetter an die Stelle treten. Der Köstenbitter der Braut und die Brutdeern des Bräutigams bil­deten im Hochzeitszug den Anfang. Der Köstenbitter des Bräutigams und die Brutdeern der Braut das zweite Paar.

Und wie wichtig waren diese Ämter. Abendelang saßen die vier über einer langen Liste der unverheirateten Gäste und stellten die Paare zusammen. Manche stille Neigung sollte berücksichtigt werden, auch wollte man etwas Schicksal spielen, und manchmal wurde auch ein kleiner Racheakt bei der Zusammenstellung ausgeübt.

Endlich war es dann soweit, 14 Tage vor der Hochzeit begann man mit dem Einladen. Nicht mit den heute gebräuchlichen steifen Einladungskarten, sondern mündliche Einladungen wurden in poetischer Form vorgetragen. Auf geschmückten Pferden ritten die beiden Köstenbitter vor das Haus. Eine Schleife auf der Schulter, die beim Einladen rosa und beim Hochzeits­tag weiß war, das Zeichen ihrer Würde, vom Köstenbitter der Braut auf

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